Vor wenigen Wochen noch ein fast Unbekannter in Baden-Baden und nun bald neuer Oberbürgermeister: Dietmar Späth, der parteilose Bürgermeister von Muggensturm (Kreis Rastatt), hat bei der Neuwahl am Sonntag 55,34 Prozent der Stimmen geholt. "Ich bin äußerst glücklich und erleichtert, dass sich der große Einsatz ausgezahlt hat und mich die Bürger als Menschen und Fachmann angenommen haben", sagte Späth nach der Wahl. Sobald er sein Amt antritt, will er sich um den Haushalt der Kurstadt kümmern, der Ende letzten Jahres nicht wie geplant verabschiedet werden konnte.
Kaiser verbesserte Ergebnis der ersten Runde deutlich
Auch eine einfache Mehrheit hätte genügt. Baden-Badens Sozialbürgermeister Roland Kaiser (Grüne) erhielt knapp 37,5 Prozent der Stimmen. "Es war klar, dass es unheimlich schwer wird", sagte Kaiser. Der neue OB Späth habe mit seinem Abschneiden eine gute Voraussetzung, das Amt anzutreten.
Die beiden Kandidaten Späth und Kaiser waren als aussichtsreichste von insgesamt vier ins Rennen gegangen. Betriebswirtin Bettina Morlok (parteilos) kam auf 5,1 Prozent, der frühere Leiter der städtischen Galerie "Fruchthalle Rastatt", Peter Hank (Die Basis) auf 1,3 Prozent.
Die Wahlbeteiligung war noch schlechter als beim ersten Wahlgang - sie lag diesmal nur bei 37,9 Prozent.
Keine absolute Mehrheit beim ersten Wahlgang in Baden-Baden
Die Neuwahl war nötig geworden, nachdem im ersten Anlauf am 13. März keiner der ursprünglich acht Kandidatinnen und Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hatte. Amtsinhaberin Margret Mergen (CDU) erlitt eine Schlappe und war sichtlich erschüttert, kam damals nur auf 24,7 Prozent der Stimmen, weshalb sie im zweiten Wahlgang nicht mehr antrat. Der 58-jährige Späth hatte schon in der ersten Runde mit 39,6 Prozent die meisten Stimmen bekommen. Roland Kaiser kam auf 23,9 Prozent - bei einer damals schon niedrigen Wahlbeteiligung. Am 13. März gingen nur knapp 42 Prozent der 42.700 wahlberechtigten Baden-Badenerinnen und Baden-Badener an die Urne.
Dietmar Späth weiß sich zu inszenieren
Der Sieger und Diplom-Verwaltungswirt Dietmar Späth hatte sich im Wahlkampf ins Zeug gelegt - mit vielen Plakaten und Präsenz auf der Straße. Er spielt in der Nationalelf der Bürgermeister, war als Student Croupier im Casino Baden-Baden, liebt schnelle Autos und heiße Öfen - und ist vor allem eines: das Gegenteil zur bisherigen Rathauschefin.
Späth hat in seiner 6.000-Seelen-Gemeinde Muggensturm im Kreis Rastatt drei Bürgermeisterwahlen mit Traumergebnissen zwischen 96 und fast 99 Prozent gewonnen. Seine Kommune wurde als eine der zehn besten Behörden Deutschlands für Entbürokratisierung und wirtschaftliches Handeln ausgezeichnet.
Dritter Platz bei der ersten Runde für Roland Kaiser
Baden-Badens Sozialbürgermeister Roland Kaiser ist gelernter Maschinenschlosser und Diplom-Sozialarbeiter, der sich aktuell vor allem um die Unterbringung einer großen Zahl von Ukraine-Flüchtlingen kümmert. Er warb vor allem damit, dass er Baden-Baden gut kenne, aber durchaus neue Akzente setzen wolle.
Kurzzeitige Verwirrung durch Grünen-Kandidatin Beate Böhlen
Beate Böhlen (Grüne), Bürgerbeauftragte des Landes und langjährige Gemeinderätin der Kurstadt, sah nach dem Rückzug von Margret Mergen eine Chance und erklärte, sie wolle bei der Neuwahl antreten. Abgesprochen war ihr Schritt mit der eigenen Partei nicht. Auf Druck der Grünen-Parteikollegen ruderte sie kurze Zeit später zurück.
Corona und Ukraine-Krieg: Große Aufgaben warten in Baden-Baden
Auch die Kurstadt muss sich mit den Corona-Folgen herumschlagen. Zugleich ist mit dem Ukraine-Krieg eine wichtige Kundschaft weggebrochen: Gäste aus der früheren Sowjetunion, die sonst zum Kuren in den Schwarzwald kommen und für hohe Umsätze in Geschäften und Hotels sorgen. Dafür stranden nun in Baden-Baden mit seiner über 200-jährigen russischen Tradition sehr viele Ukraine-Flüchtlinge. Bis Donnerstag kamen rund 1.300 in den 56.000-Einwohner-Ort.