Die Mitarbeiterin der Bruchsaler Lebenshilfe muss das gegen sie verhängte Bußgeld von 228,50 Euro nicht bezahlen. Das Verfahren am Amtsgericht Karlsruhe wurde am Mittwoch eingestellt. Die Frau hatte sich im vergangenen Jahr nicht gegen Corona impfen lassen und damit gegen die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht verstoßen.
Amtsgericht Karlsruhe folgt Sichtweise der Betroffenen
Sie sei keine grundsätzliche Impfgegnerin oder Coronaleugnerin, betont die Mitarbeiterin der Lebenshilfe, Natalie Franz. Vielmehr sei sie bereits zu einer Impfung angemeldet gewesen, habe dann zweimal Corona bekommen und damit einen Genesenenstatus gehabt. Das Amtsgericht folgte heute dieser Sichtweise. Allerdings muss die Betroffene die Verfahrenskosten tragen.
Bußgeldbescheid gegen ungeimpfte Pflegerin gerechtfertigt?
Dies, so betont der erste Landesbeamte des Landkreises Karlsruhe, Knut Bühler, auf SWR-Anfrage, deute darauf hin, dass der Bußgeldbescheid an sich nicht rechtswidrig war. Im Zusammmenhang mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht hatte das Gesundheitsamt des Landkreises Karlsruhe insgesamt rund 800 solcher Bußgelder verhängt. Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht galt von März bis Dezember des vergangenen Jahres. Sie wurde eingeführt, um Patientinnen, Patienten und Pflegebedürftige besser vor einer COVID-19-Infektion zu schützen.
Tatsächlich steht Natalie Franz einer Coronaimpfung generell kritisch gegenüber. So eine Impfung sei eine sehr persönliche Sache, die könne man nicht einfach nebenher beim Einkaufen erledigen oder beim KSC, zusammen mit einer Bratwurst, betont sie. Da gehöre eine Beratung dazu, sagt die Heilerziehungspflegerin, die sich andererseits freiwillig gegen Hepatitis B hat impfen lassen, um ihre Klienten zu schützen.
Unterstützung von der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten
In dem Verfahren wurde Natalie Franz von ihrem Chef unterstützt, dem Leiter der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten, Bernd Gärtner. Gärtner versteht auch nicht, warum am Ende doch noch ein Bußgeldbescheid kam, nachdem vorher die Arbeit ungeimpfter Kolleginnen und Kollegen stillschweigend geduldet wurde. Gärtner kritisiert vor allem, dass im Landkreis Karlsruhe Bußgeldbescheide verschickt wurden, während beispielsweise der Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU) darauf komplett verzichtete.
Arbeit von ungeimpften Pflegenden stillschweigend geduldet?
Dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, findet Bernd Gärtner falsch. Es hätte dem Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel (CDU) gut zu Gesicht gestanden, hätte er sich hinter diejenigen gestellt, die während der Pandemie die Pflegeeinrichtungen am Laufen hielten, meint der Chef der Lebenshilfe Bruchsal-Bretten.
Dem widersprach der erste Landesbeamte des Landkreises, Knut Bühler, in einem Interview mit dem SWR. Es habe sehr wohl Diskussionen gegeben, wie mit dem Gesetz umzugehen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe das Gesetz zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht zwei Mal bestätigt. Damit sei damals völlig klar gewesen: "Dieses Gesetz hat Geltung". Problematisch für die Verwaltung sei aber auch die Befristung bis Ende Dezember 2022 gewesen. Warum im Landkreis Karlsruhe im Gegensatz zu anderen Landkreisen Bußgelder verhängt wurden, begründet Knut Bühler damit, der Landkreis habe keine juristische Verwerfungskompetenz für Gesetze.
Nachdem eine allgemeine Impfpflicht im vergangenen Jahr nicht eingeführt wurde, sei auch über die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Pflegekräfte diskutiert worden. Diese sei aber vom Bundestag eben nicht aufgehoben worden und damit schließlich verpflichtend für Verwaltungen wie die Landkreise. Bühler betonte auch, er könne nicht nachvollziehen, wie andere Landkreise, etwa der Tübinger, sich über solche Vorgaben einfach hinwegsetzen konnten.