Die Machtergreifung der NSDAP unter Adolf Hitler jährt sich im Jahr 2023 zum 90. Mal. In einer Sonderausstellung nähert sich die Stadt Bretten zum ersten Mal ihrer eigenen Stadtgeschichte während der Zeit des Nationalsozialismus. Doch diese Ausstellung sei erst der Anfang.
Schweigen in Bretten über die Zeit des Nationalsozialismus
Die Ausstellung beleuchtet die Jahre von 1933 bis 1945. Sie will unter anderem der Frage nachgehen, wie es überhaupt zum Aufstieg der Nationalsozialisten in Bretten kommen konnte. Stadtarchivar Alexander Kipphahn beschreibt die Suche nach vollständigen Informationen als schwierig. Über die damalige Ortsgruppe der NSDAP und ihre Anführer beispielsweise wurde viel geschwiegen, sagt er. Außerdem seien alle Dokumente am Ende des Zweiten Weltkrieges vernichtet worden.
"Es wird Zeit, das dunkelste Kapitel der Stadt Bretten aufzuarbeiten."
Fotos zeigen Bretten am Tag der Machtübergreifung
Über einen Aufruf in der Zeitung vor drei Jahren habe man versucht Zeitzeugen zu finden, die bei der Aufarbeitung helfen können. Und es hat geklappt: Etwa zehn bis 15 Menschen haben sich laut Alexander Kipphahn gemeldet. Außerdem stammen einige der Exponate aus Privathaushalten, wie beispielsweise eine Uniform der Marine oder Spielzeuge für Kinder, die als Propagandawerkzeuge genutzt wurden, so Kipphahn. Bei der Vorbereitung der Ausstellung habe man außerdem Fotos vom Tag der Machtergreifung und Bilder einer Fahne mit Hakenkreuz auf dem Brettener Rathaus entdeckt.

Ausstellung zeigt Verfolgung und Zwangsarbeit in der NS-Zeit
Auch die Verfolgung und Deportation der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sowie der Alltag der Brettener Bevölkerung während der NS-Zeit wird in der Ausstellung gezeigt. Besonders die Bedeutung der Rüstungsindustrie für die Stadt und das in diesem Zuge entstandene "Ostarbeitslager" im Süden von Bretten steht bei der Ausstellung im Fokus. Hier gäbe es zahlreiche Einzelschicksale von Menschen, die als Zwangsarbeiter für die Landwirtschaft und Rüstungsproduktion ausgebeutet wurden. Auch hier seien zahlreiche Unterlagen vernichtet worden.
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Heute vor 77 Jahren befreiten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz. Auch an vielen Orten in Baden-Württemberg wird an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert.
"Dieser Teil der Geschichte muss noch intensiv aufgearbeitet werden", sagt der Stadtarchivar. Mehr als 3.000 Menschen waren in der Zeit von 1933 bis 1945 in Bretten als Zwangsarbeiter eingesetzt. "Vom Kind bis zum Greis waren als Zwangsarbeiter in der Rüstungsproduktion oder in der Landwirtschaft. Niemand hat sich nach dem Krieg um sie gekümmert."

Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Bretten noch am Anfang
Die Stadt Bretten wagt sich mit dieser Ausstellung erstmalig an ihre eigene Vergangenheit. "Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in Bretten befindet sich noch am Anfang", heißt es in einer Mitteilung. Mit großer Wahrscheinlichkeit werde in den folgenden Jahren weitere Ausstellungen folgen, heißt es.