Nach mehr als 120 Jahren ist Schluss

"Traurig, dass es endet": Die letzten Tage der Keramikmanufaktur Majolika in Karlsruhe

Stand

Von Autor/in Fabiola Germer, Laura Bisch

Die letzten Auktionen markierten am Samstag entgültig das Ende der Keramikmanufaktur Majolika in Karlsruhe. Dabei kamen rund eine Million Euro zusammen.

Nach mehr als 120 Jahren endete eine Ära: Die Majolika Keramikmanufaktur in Karlsruhe hat ihre letzten Auktionen veranstaltet. Nach Angaben des Auktionshauses kamen dabei knapp 700.000 Euro zusammen. Mit dem sogenannten Aufschlag, eine Art Provision für das Auktionshaus, welche von Auktion zu Auktion variiert oder auch flexibel gestaffelt sein kann, kommt das Auktionshaus nach eigenen Angaben sogar auf knapp eine Million Euro.

 

Karlsruhe

Keramik, Kunst und Kunsthandwerk Eine Institution verabschiedet sich: Die staatliche Majolika Manufaktur in Karlsruhe

Nach mehr als 120 Jahren wird die Auflösung der Majolika-Manufaktur in Karlsruhe nun definitiv vollzogen. Derzeit werden die verbliebenen Keramiken und Kunstwerke versteigert.

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Vasen, Schalten und Skulpturen der Majolika

Unter den insgesamt 10.000 versteigerten Keramiken sind Skulpturen, Vasen oder Schalen. Der Großteil der Exponate stammt aus den letzten 40 Jahren Majolika-Produktion.

Das teuerste Objekt war laut Auktionshaus eine Gartenskulptur des Künstlers Norbert Prangenberg - die ging für rund 13.000 Euro an einen neuen Besitzer. Viele der Exponate ersteigerten Karlsruherinnen und Karlsruher - andere gingen etwa nach Luxemburg, Australien oder die USA. Das zuständige Auktionshaus geht davon aus, dass die ersteigerten Keramiken innerhalb der kommenden zwei Wochen abgeholt werden.

SWR-Reporter Markus Bender über das Ende einer Ära:

Auktion in der Majolika in Karlsruhe: 10.000 Objekte werden versteigert

Das Mindestgebot für alle Keramikwerke lag für die letzten Auktionen bei 100 Euro. Wer eines der Stücke bei der Auktion ersteigern wollte, konnte sich im Vorfeld schon ein Bild davon machen. Auch Gebote konnten im Vorfeld online oder schriftlich abgegeben werden. Am ersten Tag der Vorbesichtigung waren laut einem Sprecher der Majolika bereits 500 Besucher dabei. Viele von ihnen trauern der Institution bereits jetzt hinterher:

Es ist einfach schrecklich. Dass so eine Institution nach 120 Jahren einfach verpufft.

So zeigten sich einige Besucherinnen und Besucher der Auktion am Donnerstag enttäuscht über das Aus der Majolika. "Es ist einfach schrecklich, dass so eine Institution nach 120 Jahren einfach verpufft, das finde ich ganz schade", sagt Nicole Nagel. Sie hofft, dass die Räumlichkeiten als Kulturstätte weiterhin erhalten bleiben. Auch Martina Häfele-Wolffram aus Karlsruhe ist sichtlich berührt vom Ende der Manufaktur. "Ich bin etwas traurig, weil es nicht geschafft wurde, das hier zu retten", erklärt sie.

SWR-Reporterin Fabiola Germer war für SWR1 Baden-Württemberg bei einer der Auktionen dabei:

Ehemalige künstlerische Leiterin: Die Stücke kommen in gute Hände

Martina Kistner-Bayne war 20 Jahre lang die künstlerische Leiterin der Majolika Keramikmanufaktur. Auch für Sie endet mit den Abschlussauktionen eine prägende Zeit ihres Lebens, nicht nur beruflich. "Es ist ein etwas mulmiges Gefühl, aber ich weiß jetzt, dass die Stücke in gute Hände kommen. Liebhaber finden hier etwas. Und es geht in die ganze Welt, wo die Majolika immer hin wollte." Für sie sei es ein endgültiger Abschluss. "Ich glaube, erst nach der Auktion wird mir erst richtig bewusst, was mir fehlt, weil ich diese Arbeit mit Herzblut gemacht habe." Noch jetzt würden ihr viele Geschichten durch den Kopf gehen, die sie mit vielen Werken erlebt habe. "Für mich ist es schwierig, dass es dieses Biotop, diese Perle in Karlsruhe nicht mehr geben wird", resümiert sie.

Nach über 100 Jahren ist Schluss: In der Majolika in Karlsruhe werden die letzten Keramikstücke versteigert.
Martina Kistner-Bayne war zwei Jahrzehnte die künstlerische Leitung der Majolika Keramikmanufaktur.

Mit der Majolika endet ein Stück Zeitgeschichte

Die Keramikmanufaktur Majolika gilt als eine der ältesten in ganz Deutschland. Gegründet wurde sie am 4. Januar 1901 von Großherzog Friedrich I. Er wollte damit die sogenannte Majolika-Technik aufleben lassen. Dabei handelt es sich um ein spezielles Glasurverfahren, das auf Keramiken aufgebracht wird. Seither war die Manufaktur für keramische Kunst auch international bekannt und sei von zahlreichen Künstlern mitgeprägt worden, so wird es auf der Website der Karlsruher Majolika beschreiben.

Maler und Grafiker Hans Thoma und Wilhelm Süs formten demnach das Gesicht der heutigen Majolika. Thoma entwarf das Markenzeichen der Keramiken: das badische Wappenschild mit der Großherzogskrone und einem zweifachen "M" für Majolika Manufaktur.

Gröner Group übernimmt die Majolika Manufaktur
Das Gelände der Majolika Manufaktur

Manufaktur hat Betrieb eingestellt

Im Mai vergangenen Jahres war der Betrieb der Manufaktur eingestellt worden. Im September 2022 hatte der Investor Gröner Family Office den Betrieb der Majolika übernommen. Ein Umstrukturierungsversuch des Investors Gröner scheiterte. Zu diesem Konzept gehörten unter anderem die Arbeit mit Künstlern und Studierenden, Führungen durch die Manufaktur und Workshops. Das alles sollte querfinanziert werden durch die Vermietung von Räumen der Majolika, die Gröner von der Stadt in Erbpacht übernehmen wollte.

Der Gemeinderat wollte sich nicht für die Übernahme der Immobilie durch Gröner aussprechen. Durch diese Ablehnung sei eine Finanzierung des Betriebs unmöglich, so der Investor. Er zog sich im April zurück

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