LKA-Mitarbeiterin des Hinweistelefons bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres)

Nach Missbrauchsfall in NRW

BW-Justizministerin Gentges für längere Datenspeicherung bei Verfolgung von Kinderpornografie

Stand

Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in Nordrhein-Westfalen haben die Debatte über die Speicherung von Internet-Verbindungsdaten neu entfacht. Gentges wünscht sich mehr Befugnisse.

Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat sich für längere Speicherfristen von Internet-Verbindungsdaten ausgesprochen. "Wenn Ermittler im Internet auf den Austausch kinderpornografischen Materials stoßen, müssen sie herausfinden können, von welcher IP-Adresse das kam, und sie müssen den Inhaber dieser IP-Adresse ermitteln können", sagte sie dem SWR. Das laufe aber ins Leere, weil die Daten nach einer Woche nicht mehr nachzuverfolgen seien.

Ermittler beklagen seit Längerem, dass sie von vielen pädosexuellen Tätern zwar die IP-Adressen herausfinden können, eine Identifizierung aber oft scheitert, weil die zugehörigen Nutzerdaten bereits gelöscht sind.

Missbrauchsfall in Nordrhein-Westfalen

Hintergrund der Debatte ist ein neuer Fall von Missbrauch von Kindern in Nordrhein-Westfalen. Hauptbeschuldigter ist ein 44-Jähriger aus Wermelskirchen, der seine Dienste als Babysitter im Internet angeboten und sich so seinen Opfern genähert haben soll. Mit Dutzenden weiteren Männern soll er kinderpornografische Bilder und Videos von "unvorstellbarer Brutalität" getauscht haben, wie Ermittler bekanntgaben. Bislang wurden 73 Verdächtige und 33 Opfer identifiziert.

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Deutlich mehr Kinderpornografie-Verbrechen in BW registriert

Die Zahl der registrierten Verbrechen rund um Kinderpornografie ist in Baden-Württemberg im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Die Zahl der erfassten Fälle stieg im Vergleich zum Vorjahr von 2.416 auf 4.873. Die Verdächtigen sind dabei selbst oft noch minderjährig. Die sogenannte Schulhof-Pornografie stellt die Ermittler vor riesige Herausforderungen. Während erfahrene Täter Dienste wie Telegram bevorzugten, die sie anonym oder unter Angabe falscher Personalien nutzen könnten, verbreiteten Kinder und Jugendliche die Inhalte meist über ihre gewohnten Nachrichtenkanäle. Oft sind sich die Verbreiter der strafrechtlichen Relevanz ihrer Taten überhaupt nicht bewusst.

Gentges: Verbreiten von Kinderpornografie kein Spaß

Laut Justizministerin Gentges muss deshalb in den Schulen mehr Aufklärung stattfinden. "Es muss klipp und klar dargestellt werden, dass das Verbreiten und der Erwerb und der Besitz von kinderpornografischen Inhalten eben kein Spaß ist. Es ist keine Lappalie, es ist kein jugendlicher Unfug, sondern tatsächlich ein Verbrechen. Wir müssen darauf hinweisen, dass jeder Jugendliche, der im Klassenchat eine solche Nachricht bekommt, diese Bilder umgehend löschen muss oder melden muss." Die Kriminalpolizei führe deshalb beispielsweise erzieherische Gespräche mit betroffenen Schülern auch in Anwesenheit der Eltern, um auf die Jugendlichen einzuwirken und präventiv tätig zu werden, so Gentges.

FDP fordert mehr künstliche Intelligenz im Kampf gegen Kinderpornografie

Die stark steigende Zahl der erfassten Fälle bringt Ermittler an ihre Grenzen. Das Innenministerium berichtet, mehrere hundert Terabyte Material pro Polizeipräsidium und Jahr seien keine Seltenheit. Die FDP fordert von der Landesregierung deshalb, künstliche Intelligenz (KI) im Kampf gegen Kinderpornografie verstärkt zu nutzen. "Je mehr Material durch KI-Programme gesichtet und ausgewertet werden kann, desto besser können auch die extremen Belastungen für die Beamtinnen und Beamten, die sich damit beschäftigen, abgemildert werden", sagte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Julia Goll.

Ein Pilotprojekt eines baden-württembergischen Polizeipräsidiums, bei dem Kinderporno-Material per künstlicher Intelligenz vorsortiert wurde, soll nach Angaben des Ministeriums auf vier weitere Präsidien ausgeweitet werden.

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SWR