Energie - und damit Heizkosten - sparen zwingt Unternehmen, Behörden und Verwaltungen neue Wege zu gehen. In Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) erhalten die städtischen Mitarbeiter bald kostenlose Jacken.
Der Winter ist zurück, die Temperaturen fallen nachts zuweilen schon unter null Grad, und tagsüber laufen die Heizungen. Doch in vielen Büros und an zahlreichen Arbeitsplätzen ist es kälter als üblich. Wegen der aktuellen Energiekrise haben viele Unternehmen, Behörden und Verwaltungen die Raumtemperaturen auf den Mindestwert eingestellt.
Fleecejacken für kühle Büros in V-S
Auch die Stadt Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) spart Heizkosten und hat die Temperatur in den Büros und den Dienststellen auf 19 Grad abgesenkt.
Fast alle haben das Angebot angenommen, 1.600 graue Jacken mit städtischem Logo wurden bestellt, Stückpreis 28,50 Euro. Die Kosten trägt die Stadt, denn "bei diesen Raumtemperaturen und der überwiegend sitzenden Tätigkeit wird es dem Personal schnell kühl", betont Madlen Falke, die Sprecherin der Stadt. Damit komme sie auch ihrer Fürsorgepflicht als Arbeitgeber nach und statte das Personal mit entsprechender Arbeitskleidung in einem einheitlichen Design aus, heißt es. Das soll das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation mit dem Arbeitgeber stärken - und ein Signal der Wertschätzung aussenden:
Auch Kreissparkasse Ludwigsburg setzt auf Winterjacken
Auch die Kreissparkasse in Ludwigsburg stellt ihren Beschäftigten Winterkleidung kostenfrei zur Verfügung. Eine dunkelgrau-melierte Jacke und schwarze Winterhandschuhe gibt es gratis, denn auch hier ist die Raumtemperatur auf 19 Grad abgesenkt worden. "Auch in der Mittagspause erkennt man sich in der Stadt", sagt die Sparkassen-Mitarbeiterin Carina Heim. Selbst in der Freizeit dürfen die Mitarbeitenden die Kleidungsstücke tragen.
Mehrzahl der Unternehmen und Einrichtungen hat noch nicht reagiert
In vielen Firmen - so auch bei Bosch in Gerlingen - ist wärmende Winterkleidung für Mitarbeitende noch kein Thema. Im Klinikum Stuttgart hält man eine flächendeckende Temperaturabsenkung auf 19 Grad für wenig zielführend, da Kälte der Gesundheit von Patienten und Patientinnen, die sich oft kaum bewegen können, wenig förderlich ist. Bei der IG-Metall in Reutlingen und Stuttgart wird die Absenkung der Raumtemperatur zur Einsparung von Energiekosten kritisch gesehen.
IG-Metall will Energiekosteneinsparung gegen Arbeitsfähigkeit abwägen
"Der Kältesinn ist bei den Menschen unterschiedlich ausgeprägt", sagt Ralf Jaster, Gewerkschaftssekretär der IG-Metall in Reutlingen. Und sein Stuttgarter Kollege Nikolas Bauer, der bei der IG-Metall-Bezirksleitung für den Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz zuständig ist, erklärt:; "Hier schlagen zwei Herzen in meiner Brust". Einerseits gelte es Energie einzusparen, andererseits helfe eine Fleecejacke nicht bei kalten Füßen. Zunächst gelte es alle Einsparpotentiale auszuloten, denn:
Gewerkschaft fordert Energiesparpotentiale vollständig auszuschöpfen
Gekippte Fenster müssten geschlossen werden. Heizungen, die zuvor oft übers Wochenende weiterliefen, sollten erst am Montag wieder aufgedreht werden. Räume, die selten genutzt würden, nur bei Bedarf aufgeheizt werden. Und darüber hinaus gelte es in Betrieben zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einen "betrieblichen Aushandlungsprozess" über die Raumtemperatur zu erzielen. Arbeiten wegen einer Raumtemperatur von 19 Grad zu verweigern ist rechtlich nicht zulässig. Aufgrund der aktuellen Tarifverhandlungen in der Metall-Branche sei das Thema "kostenlose wärmende Winterkleidung für Beschäftigte" bei der IG-Metall jedoch noch nicht angekommen, heißt es von der Gewerkschaft.
Wärmende Jacken in Villingen-Schwenningen noch nicht ausgeliefert
Noch gibt es in Villingen-Schwenningen lediglich einen Prototypen der städtischen Fleece-Jacken mit der Aufschrift "Stadt geht nicht alleine!". Mit der Lieferung durch den Hersteller rechnet die Stadt erst Mitte Januar. Auch die Mitglieder des Gemeinderats warten auf die wärmenden Jacken. Denn zusätzlich zur warmen Kleidung für die städtischen Mitarbeiterinnen und die Mitarbeiter wurden die Kleidungsstücke auch für den Gemeinderat bestellt. Als Grund führt die Stadt an: Auch die Hallen, in denen die Sitzungen stattfinden, sind im Winter sehr kühl. Interessierte Beobachter erwarten bis zur Lieferung der Jacken kürzere Reden und schnellere Entscheidungen im Gremium.