Menschen tragen ukrainische Fahnen, während sie an einer Demonstration gegen Russlands Invasion in die Ukraine teinehmen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/APA | Tobias Steinmaurer / Montage: SWR)

Demos und Proteste gegen den Krieg in der Ukraine

Konstanzer Protestforscher zu Ukraine-Demos: "Flagge zeigen und ein Signal senden"

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Stefan Eich

Tausende Menschen gehen derzeit auf die Straße, um gegen den Ukraine-Krieg zu protestieren. Der Konstanzer Protestforscher Sebastian Koos erklärt, wie wichtig solche Demonstrationen sind.

SWR Aktuell: Warum demonstrieren gerade so viele Menschen für den Frieden, auch wenn das den Krieg vermutlich um keinen einzigen Tag verkürzt?

Sebastian Koos: Wir fühlen uns im Angesicht dieser schrecklichen Ereignisse wirklich ohnmächtig und würden gerne helfen und etwas tun. Unsere Meinung auf die Straße zu tragen und dort zu äußern - gerade wenn es Zehntausende von Menschen gleichzeitig tun - ist natürlich ein starkes Signal an Putin. Aber es geht nicht nur um ihn. Es geht auch darum, Solidarität zu zeigen mit den Menschen in der Ukraine, ihnen zu zeigen, wir können hier vielleicht nicht aktiv mit euch kämpfen. Aber wir sind da, wir protestieren gegen diesen Krieg. Wir sind bereit, eure Familien zu unterstützen, wenn ihr nach Deutschland kommt oder auch Dinge zu spenden und Waffen zu liefern.

"Zehntausende Menschen gleichzeitig: ein starkes Signal gegen Putin"

Liegen diese enormen Teilnehmerzahlen bei den Demos auch vielleicht daran, dass man sich nach all den Corona-Auseinandersetzungen endlich mal über etwas einig sein kann?

Das ist natürlich möglich, wobei meine Wahrnehmung ist, dass man eher wenige Menschen aus dem 'Querdenken'-Lager bei diesen Demonstrationen sieht. Aber ich glaube, für alle anderen Menschen ist es jetzt die Möglichkeit zu zeigen: Wir können auf die Straße. Wir können unsere Meinung kundtun, und wir wollen das auch. Das trägt natürlich auch für die Menschen, die auf die Straße gehen, dazu bei, ein gewisses positives Gefühl zu entwickeln und zu zeigen: Das ist etwas, was ich tun kann. Ich kann mich hier einbringen, und das ist - so glaube ich - auch eine wichtige Möglichkeit, sich nicht komplett ohnmächtig zu fühlen und so etwas wie eine gemeinsame Identität für den Frieden und gegen den Krieg zu entwickeln.

"Eine Möglichkeit, sich nicht komplett ohnmächtig zu fühlen."

Viele Menschen färben ihr Social Media-Profilbild in den Farben der Ukraine, also in gelb und blau ein. Auf der Sportplattform Swift zum Beispiel ändern Menschen aus aller Welt ihre Nationalität in ukrainisch. Was steckt dahinter?

Auch da geht es einfach darum, ein Signal zu setzen. Diese Signale sind in Zeiten der Digitalisierung vielfältig und waren auch bei sozialen Bewegungen schon immer sehr kreativ. Man sucht alle Möglichkeiten, hier auch niedrigschwellig zu zeigen: Wir fühlen mit euch, wir wollen unsere Solidarität zum Ausdruck bringen. In allen Bereichen - sei es digital, sei es auf der Straße, sei es durch konkrete und aktive Hilfe.

Sind solche Proteste, bei denen die Kernaussage unumstritten ist - also gegen Gewalt, gegen Krieg, gegen Antisemitismus, gegen Rechtsextremismus - sind solche Proteste sinnvoll? Oder könnte man die vielleicht sein lassen, weil sich die meisten vernünftigen Menschen ohnehin darüber einig sind?

Nein, ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig, diese Proteste zu äußern und auch diese Signale zu setzen. Sie sind auch für die Politikerinnen und Politiker in Deutschland wichtig, damit sie sehen: Wir haben hier die Unterstützung unserer Bevölkerung für die Menschen in der Ukraine, um auch zu zeigen: Wir können etwas tun, selbst wenn es nicht viel ist. Aber wir können Flagge zeigen. Wir können ein Signal senden. Und deswegen, so glaube ich, sind diese Proteste auch weiterhin sehr wichtig.

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