Anlässlich des Internationalen Tags gegen weibliche Genitalverstümmelung am Montag hat pro familia Baden-Württemberg auf die gravierenden Folgen von weiblicher Genitalverstümmelung für Mädchen und Frauen hingewiesen. Sie habe keinerlei Nutzen, sondern sorge für zahlreiche direkte Komplikationen sowie gravierende körperliche und psychische Langzeitfolgen für Mädchen und Frauen, sagte Beate Scharfenstein, Ärztin und Leiterin von pro familia Böblingen laut einer Mitteilung am Montag. Betroffene litten oft ihr gesamtes weiteres Leben an den Folgen des Eingriffs, der als Menschenrechtsverletzung anerkannt ist.
8.300 betroffene Frauen in BW
Seit Januar gibt es eine zentrale Anlaufstelle für betroffene und gefährdete Frauen und Mädchen in Baden-Württemberg. Hauptträger des auf zwei Jahre angelegten Projekts ist der Verein Sompon Socialservices, mit Sitz in Göppingen. Dort gibt es Beratungen und Informationen rund um das Thema Genitalverstümmelung.
Außerdem arbeitet der Verein mit Beratungszentren in Stuttgart zusammen, mit dem Klinikum Freiburg, wohin Hilfesuchende weitervermittelt werden können und er hilft bei der Aufklärung in Gambia und Kamerun in Afrika. Gefördert wird das Projekt in Göppingen mit 250.000 Euro vom baden-württembergischen Sozialministerium.
Genitalverstümmelungen in mindestens 30 Ländern
Weibliche Genitalverstümmelung wird in mindestens 30 Ländern durchgeführt, die Praxis wird zumeist durch kulturelle Traditionen und gesellschaftliche Normen gerechtfertigt und durch sozialen Druck aufrechterhalten. Sie umfasst verschiedene Verfahren, bei der Mädchen und Frauen die äußeren Genitalien teilweise oder vollständig entfernt, verletzt oder versiegelt werden. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit 200 Millionen heute lebende Mädchen und Frauen Opfer der Praxis. Drei Millionen jährlich sind akut davon bedroht. In Baden-Württemberg leben laut Schätzungen von TERRE DES FEMMES aus dem Jahr 2020 rund 8.300 betroffene Frauen ab 18 Jahren.
Im Kontext von Migration und Flucht rückt das Thema in Europa und auch in Deutschland in den vergangenen Jahren stärker ins Bewusstsein. Laut der Berliner Koordinierungsstelle gegen FGM_C (female genital mutilation and cutting) ist davon auszugehen, dass in Deutschland aktuell über 100.000 betroffene Mädchen und Frauen sowie mehr als 17.000 gefährdete Mädchen leben. Seit 2013 steht in Deutschland weibliche Genitalverstümmelung durch Paragraf 226a des Strafgesetzbuchs unter Strafe.