Kurz vor Einführung der einrichtungsbezogenen Impflicht am 15. März meldet das baden-württembergische Gesundheitsministerium steigende Impfquoten bei Pflegeheim-Beschäftigten. Dagegen ist die Zahl der Booster-Impfungen bei den Bewohnerinnen und Bewohnern teilweise unterdurchschnittlich. Das geht aus der neuesten Auswertung des Landesgesundheitsamtes von Donnerstag (3. März) hervor.
Die Impfquote der knapp 100.000 Beschäftigten in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen in Baden-Württemberg ist in den letzten drei Monaten von 81 auf aktuell über 88 Prozent gestiegen. 60 Prozent der Beschäftigten haben demnach eine Auffrischungs-Impfung erhalten. Bei den Pflegeheim-Bewohnerinnen und Bewohnern sind inzwischen 81 Prozent geboostert, nach 68 Prozent im Dezember.
Sozialministerium: Impfquoten weiter ausbaufähig
"Die Impfquoten sind sicher weiter ausbaufähig, aber die Richtung stimmt", so der Amtschef Pandemiebewältigung im Sozialministerium, Uwe Lahl (parteilos). "Sowohl für die Betreuten als auch die Beschäftigten liegen die Impfquoten jeweils über denen in den entsprechenden Altersgruppen in der Allgemeinbevölkerung. Unsere mobilen Impfteams stehen auch weiterhin zur Verfügung und kommen bei Bedarf in die Einrichtung - seit dieser Woche auch mit dem Impfstoff von Novavax."
Die Gründe, warum etwa Bewohnerinnen und Bewohner in Alten- und Pflegeeinrichtungen bislang noch nicht geimpft wurden, sind vielfältig, so das Landesgesundheitsministerium. Denkbar sind zum Beispiel akute Erkrankungen verbunden mit längeren Krankenhausaufenthalten oder eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes sowie persönliche Bedenken.
Niedrige Corona-Booster-Quote Anfang des Jahres
Wie aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Anfrage der SPD hervorgeht, gibt es große Unterschiede unter den Einrichtungen, was die Booster-Quote angeht: Demnach gab es Ende Januar etwa in Ravensburg ein Heim, in dem nur elf Prozent der Betreuten einen Booster erhalten haben. Im Kreis Karlsruhe lag das Heim mit der niedrigsten Quote bei 7,7 Prozent, im Ortenaukreis und im Kreis Esslingen gab es dem Ministerium zufolge sogar Heime, in denen kein Bewohner und keine Bewohnerin eine Auffrischungsimpfung erhalten hat. In Stuttgart führte ein Heim die Negativliste an, in dem nur 12,5 Prozent der Betreuten einen Booster bekommen haben.
SPD kritisierte niedrige Quote von Auffrischungsimpfungen
Die Sozialdemokraten hatten sich bei Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) nach dem Status der Impfungen in den Heimen erkundigt - und bereits Mitte Februar Antwort für 33 Stadt- und Landkreise erhalten.
Dazu sagte SPD-Fraktionschef Andreas Stoch: "Dass immer noch durchschnittlich jeder vierte in Pflegeheimen Wohnende nicht geboostert ist, ist kein Erfolg, sondern fahrlässig." Es gehe in Pflegeheimen um das Überleben vulnerabler Gruppen. "Weitere Corona-Tote in den Heimen darf es angesichts der mittlerweile verfügbaren Schutzmaßnahmen nicht mehr geben. Es ist unverantwortlich, wenn Menschen sterben müssen, weil das Land nicht alles für deren Schutz getan hat."
SPD-Gesundheitsexperte Florian Wahl forderte Lucha auf, in den Pflegeheimen mehr für die Impfung zu werben. "Das reine Impfangebot von außen reicht nicht aus, um die noch zweifelnden Bewohnerinnen und Bewohner, ihre Angehörigen und gesetzlichen Beistände sowie die noch nicht geimpften Beschäftigten zum Impfen zu bewegen." Das gelte erst recht, wenn die Heimleitung auch nicht vom Impfen überzeugt sei. Auch sei nicht erkennbar, was die Landesregierung gegen die niedrige Impfquote unter den Pflegebeschäftigten tun will. "Wenn Minister Lucha lediglich mit den Verbandsleitungen spricht, mit denen ohnehin ein Konsens zum Impfen besteht, hilft das wenig." Es müsse direkt bei den Beschäftigten in der Pflege für das Impfen geworben werden.
Lucha: Ausreichend Impfangebote vorhanden
Luchas Ministerium wies die Kritik von sich. Das Land habe ausreichende Impfangebote bereitgestellt und unablässig für das Impfen geworben: "Mehr kann das Land weder praktisch noch rechtlich unternehmen."
Für Baden-Württemberg sei vor allem wichtig, dass alle Impfwilligen in den Einrichtungen ein Impfangebot bekommen. Sollten Impfungen in den Einrichtungen über die niedergelassene Ärzteschaft nicht möglich sein, so stünden die Mobilen Impfteams zur Verfügung. Eine Liste mit den entsprechenden Ansprechpartnerinnen und -partnern wurde den Einrichtungen für Anfragen zu Impfeinsätzen in Pflegeheimen frühzeitig übersandt, so das Ministerium weiter.
Auch die Heimaufsichtsbehörden und die Taskforce Impfen des Sozialministeriums sind bei der Organisation des Impfangebots in den Heimen behilflich. Der dafür notwendige Impfstoff steht in ausreichender Zahl zur Verfügung.
Weitere Todesfälle nicht ausgeschlossen
Auch wenn der Höhepunkt der Omikron-Welle überschritten sei, könne für die Zukunft leider nicht ausgeschlossen werden, "dass es wieder zu Todesfällen in Einrichtungen kommt", so das Ministerium. Am Ende helfe nur eine hohe Impfquote. Deshalb werde die einrichtungsbezogene Impfpflicht gerade sehr engagiert umgesetzt.
Baden-Württemberg beim Boostern unter dem Bundesschnitt
Bezogen auf alle Bevölkerungsgruppen in Baden-Württemberg haben laut aktuellen Daten des Landesgesundheitsamts (Stand: 2.3., 16 Uhr) 55,9 Prozent (etwa 6,2 Millionen Menschen) eine Auffrischungsimpfung bekommen. Innerhalb eines Tages habe etwa die absolute Zahl um 5.606 Personen zugenommen.
Mit diesem Wert liegt Baden-Württemberg laut Robert Koch-Institut unter dem Bundesschnitt bei den Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus (57,1 Prozent, Stand: 2.3., 9 Uhr). Demnach sind fast zwei Millionen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger, die bereits eine Grundimmunisierung erhalten haben, noch nicht geboostert.