Winfried  Hermann ( (Bündnis 90Die Grünen)), Verkehrsminister Baden-Württemberg (Foto: dpa Bildfunk, Foto: Marijan Murat)

Nach dem 9-Euro-Ticket-Beschluss

BW-Verkehrsminister befürchtet, "dass Ticket-Preise durch die Decke knallen"

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Das 9-Euro-Ticket kommt. So hat es der Bundesrat am Freitag auch mit Zustimmung aus Baden-Württemberg beschlossen. Aber was passiert nach den drei Billig-Monaten?

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist kein Gegner des 9-Euro-Tickets, das hat er schon vor der Abstimmung im Bundesrat im SWR klar gemacht. Er sieht es als "supergünstiges Sonderangebot, was natürlich für die Fahrgäste wunderbar ist". Auch als Umsteiger-Angebot, als Probier-Angebot sei es sehr gut. "Da versprechen wir uns auch, dass Fahrgäste dadurch gewonnen werden können."

Die große Sorge: Was kommt danach?

Den Widerstand, den es von der Landesregierung vor der Abstimmung gab, begründet der grüne Verkehrsminister mit Sorgen, was nach dem dreimonatigen Sonderangebot passieren wird: "Neben der Freude, dass man so eine Idee hat wie ein 9-Euro-Ticket, gibt es das Ärgernis, dass die grundsätzlichen Probleme nicht gelöst werden", sagte Hermann. Der ÖPNV sei chronisch unterfinanziert.

Wir sehen die Gefahr, dass nach drei Monaten die Ticketpreise durch die Decke knallen.

Hermann befürchtet konkret, dass "Tarife erhöht werden müssen wegen den Kostensteigerungen oder Angebote gestrichen werden müssen - also weniger Züge, weniger Busse. Beides wäre ja kontraproduktiv."

Drei Milliarden Euro Finanzbedarf

Der Minister nennt Kostensteigerungen bei Personal, Energie und andere Sondereffekte des Ukraine-Kriegs als preistreibende Faktoren: "Dass es dafür keine Lösung gibt, das ist sehr ärgerlich. Wir haben gesagt, wir brauchen aus Bundesmitteln 1,5 Milliarden mindestens, die andere Hälfte muss dann von den Ländern getragen werden." Damit sei der Finanzbedarf insgesamt bei drei Milliarden Euro - eine Forderung, auf die die Bundesregierung bisher nicht eingegangen sei, sehr zum Ärger vieler Länder-Vertreterinnen und Vertreter.

"Wir haben genau belegt, wie diese Mehrkosten oder dieses Defizit entsteht, und haben dem Bund angeboten, die Hälfte tragen die Länder und die andere Hälfte, nämlich die 1,5 Milliarden, muss der Bund bringen. Denn eigentlich ist nach dem Grundgesetz der Bund für die Regionalisierungsmittel verantwortlich", sagte Hermann und ergänzte: "Insofern ist es ärgerlich, dass wir Länder betteln müssen, weil es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, dass wir da die ausreichenden Mittel bekommen."

Was wird aus der Verkehrswende?

So verständlich die Vorfreude in der Bevölkerung auf das Sonderangebot sei, so sehr frage er sich, was diese "kurzfristige Sondermaßnahme" bringe, sagte Hermann. Sie könne die anhaltenden Probleme in der Mobilität nicht lösen. "Wenn wir die Energiewende und die Verkehrswende wollen, dann müssen wir auch den öffentlichen Verkehr möglichst gut machen." Ausbauen und ihn kostengünstig machen, nicht so billig, "das kann man sich auf gar keinen Fall leisten". Konsens sei das Ziel, die Zahl der Passagiere im ÖPNV bis 2030 zu verdoppeln. "Mit dem Status Quo werden wir das Ziel nicht erreichen und damit auch das Klimaschutzziel im Verkehrssektor verfehlen", sagte Hermann.

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