Beratung bei einer Bank (Foto: picture alliance / dpa | Patrick Pleul)

Sparkassen-Immobilienchef sieht Bauherren vor schwierigen Zeiten

Gestiegene Zinsen bei Baukrediten: "Bei vielen ist die Enttäuschung groß"

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Die Immobilienberater der Kreissparkasse Heilbronn haben aktuell keinen leichten Job. Sie müssen öfter "Nein" sagen, weil Finanzierungen durch die gestiegenen Zinsen platzen.

Oliver Steinmetz ist schon seit 2009 Bereichsleiter Immobilien und Baufinanzierung bei der Kreissparkasse Heilbronn. In seinem Team arbeiten gut 100 Mitarbeitende. Dass die Zinsen für Baukredite aktuell bei 3,6 bis 3,7 Prozent liegen, also im Vergleich zum Jahresanfang deutlich gestiegen sind, hat auch ihn sehr überrascht.

"Also in dieser Art und Weise haben wir so etwas noch nicht erlebt. Ich hätte Anfang des Jahres auch nie gedacht, dass es fast drei Prozent nach oben geht."

In den Beratungsgesprächen mit Kunden, die eine Wohnung kaufen oder ein Eigenheim finanzieren möchten, ist in den vergangenen Wochen daher viel "Ernüchterung" zu spüren.

Interview mit Oliver Steinmetz Kreissparkasse Heilbronn (Foto: SWR)
Oliver Steinmetz im Interview mit SWR-Redakteur Alexander Dambach.

Mehrbelastungen sind enorm

Oliver Steinmetz nennt ein einfaches Beispiel. Für einen 100.000 Euro-Kredit etwa sind momentan rund 200 Euro mehr zu zahlen, als noch zu Jahresanfang. Im Durchschnitt liegen die Baukreditsummen bei der Kreissparkasse aber bei etwa 400.000 Euro. Das würde also schon ein Plus - und damit Mehrbelastung - von 800 Euro bedeuten. In aller Regel müssten hier also beide Ehepartner arbeiten, um das zu stemmen.

"Wir müssen derzeit bei Anfragen öfter "Nein" sagen und einen enttäuschten Kunden zurücklassen."

Kunden machen teils Rückzieher beim Hausbau

Der Wunsch nach Immobilien seien weiterhin sehr groß, so der Finanzierungsexperte. In den vergangenen Wochen habe es jedoch auch schon vereinzelt Fälle gegeben, in den Kunden einen Rückzieher vom Hausbau gemacht hätten, trotz erworbenem Baugrundstück.

"Eine gute Beratung ist derzeit sehr wichtig. Die zentrale Frage lautet: Kann ein Kunde sich die Immobilie wirklich dauerhaft leisten?"

Oliver Steinmetz erlebt aktuell aber auch kuriose Fälle. Da steht die Finanzierung für den Kauf eines Hauses, aber der Notartermin platzt dann doch. Denn gerade bei renovierungsbedürftigen Häusern müsse mit Zusatzkosten für die Sanierung gerechnet werden.

"Manche Kunden bekommen einfach kein verlässliches Angebot von Handwerkern, weil auch die natürlich keine Preise für die Zukunft voraussagen können."

Materialpreise steigen

Und diejenigen Kunden, die mit dem Hausbau begonnen haben, brauchen teils eine weitere Finanzspritze, da mit Mehrkosten in dieser Höhe aufgrund der gestiegenen Materialpreise nicht zu rechnen war. Im Schnitt gehe es hier um Nachfinanzierungen zwischen 50.000 und 100.000 Euro.

Wie sich die Zinsen bei den Baukrediten weiter entwickeln, das vermag auch der Immobilienexperte nicht verlässlich abzuschätzen. Es gebe viele Einflussfaktoren.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in dieser Schnelligkeit und Höhe weitergeht. Aber die Unsicherheiten sind einfach da."

Architektin spürt gewisse Panik bei Kunden

Die Verunsicherung spürt auch Andrea Kempf. Sie ist freie Architektin in Mulfingen-Jagstberg (Hohenlohekreis). Aufgrund der geänderten Zinssituation wollten viele Bauherren und Kunden ihre Projekte jetzt noch schnell unbedingt umsetzen. Es sei durchaus eine gewisse Panik zu spüren.

"Die Lieferschwierigkeiten am Markt ziehen sich durch alle Gewerke. Die Projekte ziehen sich dadurch in die Länge. Man bekommt einfach nichts zu Ende irgendwo."

Als ein exemplarisches Beispiel nennt Kempf Kunststofffenster. Da habe sie erst die Tage eine Auftragsbestätigung erhalten. Vor Corona habe die Lieferzeit zwischen sechs und acht Wochen betragen. Momentan liege sie bei 18 bis 20 Wochen, fast fünf Monate.

Heilbronn wird weiter wachsen

Das Immobilienteam der Kreissparkasse Heilbronn rechnet in der Region mit einer Stabilisierung der Immobilienpreise, die in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen sind. Der Bedarf an Wohnraum sei weiter da. Heilbronn sei zudem eine wachsende Stadt, so Oliver Steinmetz. Bleibt die Situation bei den Bauzinsen aber weiter auf dem aktuellen Niveau oder steigt sogar noch weiter, rückt für viele der Traum einer eigenen Immobilie wohl erstmal in weite Ferne.

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SWR