Adina Tazhimatova, Kim Marie Konietschke, , Alina Yoldas und Julia Mayer. (Foto: SWR)

Internationaler Frauentag

Gewalt gegen Frauen: Projekt in Heilbronn will Opfern Mut machen

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Vier junge Frauen vom Wohlfahrtswerk Heilbronn wollen mit einem Projekt Opfer von Gewalt ermutigen, sich professionelle Unterstützung zu holen. Ihre Botschaft: Niemand ist alleine!

Julia Mayer ist 22 Jahre alt und macht ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in Heilbronn. Sie und drei weitere junge Frauen haben sich im Rahmen eines Seminars des Wohlfahrtswerks Heilbronn intensiv mit dem Thema "Gewalt gegen Frauen" auseinandergesetzt. Denn schon nach kurzer Recherche sei klar gewesen, dass Informationen über Hilfsangebote eher spärlich gesät seien, sagt Julia. So kam es zur Idee, Infos zusammenzutragen und auf Social Media und per Flyer zu verbreiten. So ist das Projekt "Gemeinsam gegen Gewalt - Niemand ist alleine!" entstanden.

"Wir sind zu verschiedenen Anlaufstellen in Heilbronn gegangen und haben uns aus erster Hand informiert", erzählt die 19-jährige Kim Marie Konietschke. Sie waren bei der Polizei, einem Anwalt, dem Büro des Frauenhauses und bei Pfiffigunde, einer Beratungsstelle für Opfer von sexuellem Missbrauch. Vieles, das sie erfahren haben, sei beeindruckend gewesen, sagen die vier Frauen.

Polizei: Spuren sofort im Krankenhaus sichern

Beim Polizeipräsidium Heilbronn durfte die Projektgruppe mit einem Ermittler des Arbeitsbereichs Sexualdelikte sprechen. "Erschrocken hat uns, dass so viele Fälle gar nicht erst hier landen", sagt Julia Mayer. Die Dunkelziffer werde auf 85 Prozent geschätzt. Auch dass so viele Fälle nicht zur Anklage kommen, weil die Beweislage aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht ausreiche, sei traurig.

"Spuren sollten direkt nach der Tat gesichert werden, zum Beispiel im Krankenhaus".

Man habe viel gelernt, erklärt Alina, beispielsweise, dass Spuren sofort gesichert werden sollten. Wenn sich das Opfer erst später zu einer Anzeige entscheidet, seien die Spuren aber dennoch nicht verloren. Ärgerlich findet Julia, dass die Polizei auch oft belogen werde, dies untergrabe die Glaubwürdigkeit der echten Opfer, sagt sie.

Frauenhaus: Viel mehr als nur Frauen zum Schutz verstecken

Der Verein Frauen helfen Frauen e.V. leiste enorm viel, meint Kim. Es sei ja nicht damit getan, eine Frau irgendwo in einem Frauenhaus zu verstecken. "Wenn da Kinder dabei sind, müssen die denen einen Kindergartenplatz organisieren und vieles mehr, ein ganzes Paket", sagt Kim. Auch der Aufwand zum Schutz der Frauen sei hoch.

Adina Tazhimatova macht ihren Bundesfreiwilligendienst in Öhringen (Hohenlohekreis). Die 19-Jährige kommt aus Kirgistan. Sie wünscht sich, dass es solche Frauenhäuser auch dort gebe.

Pfiffigunde: "Die Opfer glauben, sie seien verrückt"

In Heilbronn berät der Verein Pfiffigunde rund um das Thema sexueller Missbrauch. Erstaunt habe den Verein, dass viele Opfer glauben, sie seien verrückt, sagt Kim. Die Expertinnen und Experten dort müssten ihnen erstmal erklären, dass dies normale Reaktionen der Psyche auf solch einschneidende Erlebnisse sind.

Dass die Beratung dort kostenlos ist, findet sie gut. Schade findet sie, dass der Gang zu einer dieser Beratungsstellen immer noch so stigmatisiert sei. Es sei wichtig, sich Hilfe zu suchen.

Flyer des Projekts - Gemeinsam gegen Gewalt - Niemand ist alleine! (Foto: SWR)
Flyer des Projekts: Gemeinsam gegen Gewalt - Niemand ist alleine!

Anwalt: Strafmaß zwei bis 15 Jahre

Kim, Alina, Adina und Julia waren auch bei einer Heilbronner Anwaltskanzlei, die sowohl Täter als auch Opfer von Vergewaltigungen vertritt. Das Strafmaß bei einer Vergewaltigung liegt zwischen zwei und 15 Jahren. Zwei Jahre findet Julia deutlich zu wenig, auch wenn dies eine Bewährungsstrafe ausschließt.

Bemerkenswert fand sie, dass verurteilte Täter, laut Anwalt, so gut wie nie Rache üben, sondern das Opfer nach der Haft in Ruhe lassen.

"Angst vor Rache, sollte also kein Grund sein, auf eine Anzeige zu verzichten."

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