Der Andrang in den Tafelläden im Main-Tauber-Kreis ist ungebrochen. Zwar hat sich die Zahl der Kundinnen und Kunden, die in den Läden des Diakonischen Werks einkaufen, mittlerweile stabilisiert - aber auf einem hohen Niveau. Das sagte der Geschäftsführer Wolfgang Pempe dem SWR. Doppelt so viele Kundinnen und Kunden wie vor Kriegsbeginn kaufen derzeit in den hiesigen Tafelläden ein. Bei vielen seien aber auch die vollen Auswirkungen der Inflation und der Energie-Krise noch nicht im Geldbeutel angekommen. Und so schließt Pempe nicht aus, dass mehr Menschen bedürftig werden: "Wir schätzen, es wird noch einen weiteren Zulauf geben."
Immer mehr Menschen durchleben schwierige Zeiten
Erst Corona: Während der Pandemie verloren einige Menschen mit geringfügiger Beschäftigung ihre Jobs, bekamen kein Kurzarbeitergeld. Dann der Ukraine-Krieg und die Geflüchteten. Jetzt die Inflation und Energie-Krise: Immer mehr Menschen durchleben schwierige Zeiten und sehen, dass das Geld, das zur Verfügung steht, weniger wird. Manche, so Pempe, arrangieren sich damit, auf einen Tafelladen und Unterstützung angewiesen zu sein, andere ziehen sich aus Scham zurück.
Zwei Tafelläden mit Aufnahmestopp
In zwei Läden gab es während des Ukraine-Kriegs einen Aufnahemstopp, so Pempe. "Wir waren am Limit." So etwas war zwar seitdem nicht mehr nötig, sollte sich die Lage aber wieder zuspitzen, könne er eine Wiederholung nicht ausschließen. Er könne all die Probleme nicht auf dem Rücken der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer austragen. Das sind oft ältere Menschen, die auch körperlich an ihre Grenzen kommen, bei all der Belastung. Und sie "leisten die eigentliche Arbeit in den Tafeln", sagt Pempe. Eine Hand voll Hauptamtlicher koordiniere. Es fehle an Menschen, die sich engagieren, sich einsetzen wollen für die Gesellschaft und auch, um das soziale Angebot der Tafeln aufrechtzuerhalten.
"Wir tun unser Bestes. Das hängt auch davon ab, wieviel Unterstützung wir kriegen."
Dass auch die Tafeln Geld benbötigen, werde oft unterschätzt, sagt der Leiter des Diakonischen Werks im Main-Tauber-Kreis. Auch für die Tafelläden müsse Miete bezahlt werden, Kühlfahrzeuge, mit denen das Essen abgeholt werde, müssten unterhalten werden. Zudem sind die Tafeln ebenso von den Preissteigerungen bei Energie und Sprit betroffen. So habe bereits ein Vermieter Pempe geraten: "Leute, es kommt was auf euch zu. Also verdoppelt bitte mal die Nebenkostenvorauszahlung." Dabei sei noch gar nicht absehbar, was noch folge: "Wir knobeln gerade, mit was wir im kommenden Jahr rechnen müssen. Reicht eine Verdoppelung oder müssen wir sogar mit noch mehr Kosten rechnen?"

"Sonst hätten wir einen Tafelladen schließen müssen"
All das zehrt an den Nerven. Denn staatliche finanzielle Mittel sind zweckgebunden. Die freien zur Verfügung stehenden Mittel seien die des kirchlichen Trägers - und auch hier werde das Geld nicht mehr. Zum ersten Mal gebe es eine Vereinbarung mit den Standortkommunen und dem Landkreis über einen Sockelbeitrag, den diese mitfinanzierten. Das war dringend nötig, sagt Pempe: "Sonst hätten wir einen Tafelladen schließen müssen."
"Es handelt sich hier um ein Versagen des Sozialsstaates, wenn ich mir anschaue, wieviele Leute gezwungen sind, in die Tafeln zu kommen, um eingermaßen über die Runden zu kommen."
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Ehrenamtliche brauchen Entlastung
Und schließlich würden die Tafelläden auch einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung leisten. Die Läden würden momentan "auf Sicht gefahren", heißt. Planen, was in drei Monaten kommt, ist fast unmöglich, sagt Pempe: "Wie entwickelt sich die Kundschaft? Stehen plötzlich viele neue Leute vor der Türe? Und wieviele ehrenamtliche Helferinnen und Helfern habe ich dann?" Sie sind Pempe wichtig. Sie möchte er vor allen Dingen entlasten und schützen. Trotzdem hofft er, dass so etwas wie ein Aufnahmestopp nicht mehr nötig wird: "Das Ziel ist natürlich, dass jeder, der es braucht, die Möglichkeit hat, im Tafelladen einzukaufen."