Bei der Sozial- und Lebensberatung der Diakonie in Weinsberg (Kreis Heilbronn) hat Ursula Richter schon seit vielen Jahren mit dem Thema Strompreise zu tun. Nicht weil diese so hoch sind, sondern weil die Strompreise in der Realität höher sind, als die Zuschüsse des Hartz IV-Regelsatzes:
"Das macht schon immer Probleme: Wie finanziert man den Stromabschlag, wenn im Regelsatz dafür nicht ausreichend Geld hinterlegt ist."
Auf dem Weg: Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger
Die Fachfrau der Diakonie ist sich mit dem Paritätischen Bundesverband darin einig, dass die Sozialämter bei Bezieherinnen und Beziehern der Grundsicherung die Kosten für Strom und Heizung in voller Höhe übernehmen sollten.
Ursula Richter begrüßt die Ankündigung aus der Politik, dass der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger angesichts der stark steigenden Energiekosten spätestens Anfang März im Bundestag beschlossen werden soll.
Von den steigenden Energiekosten sind vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen betroffen, so wie die vierköpfige Familie von Marina Wagner aus dem Kreis Heilbronn (Name von der Redaktion geändert). Die Familie ist auf Hartz IV angewiesen - monatlich stehen der Familie knapp 1.700 Euro zur Verfügung - jetzt muss sie für die aktuelle Strom-Jahresendabrechnug knapp 600 Euro nachzahlen.
"Das war ein Schock. (...) Das kann ich nicht bezahlen. Wir sparen, wo es nur geht: ich verzichte auf Haare föhnen, (...) die Kinder duschen zusammen - das spart auch ein bisschen Strom."
Steigende Energiekosten können zu Verschuldung führen
Geholfen hat ihr Ursula Richter von der Diakonie mit finanzieller Unterstützung aus dem "Mutmacher"-Fond des Diakonischen Werks Württemberg. Aber auch Sachspenden und Einkaufsgutscheine helfen der Familie und anderen Betroffenen.
Doch viele einkommensschwache Menschen scheuen sich, Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen, so Ursula Richter. Scham spiele da eine große Rolle, so die Sozial- und Lebensberaterin.
"Viele Menschen kommen erst in die Beratung, wenn sie gar keinen Ausweg mehr wissen."
Die deutlich gestiegenen Nachzahlungen und höheren Monatsraten können für Menschen mit niedrigem Einkommen der direkte Weg in die Schuldenfalle sein. Auf finanzielle Rücklagen könnten sie nicht zurückgreifen, denn "sie haben keine und können auch keine aufbauen", so Richter.
Im schlimmsten Fall, wenn der Strompreis nicht mehr gezahlt werden kann, kann der Energieversorger eine Stromsperre einrichten. Ursula Richter erwartet in den kommenden Wochen eine vermehrte Androhung von Stromsperren. "Die betroffenen Menschen (...) werden sich noch weiter als bisher einschränken", sagt sie. Richter wünscht sich, dass betroffene Menschen ihre Scham überwinden und sich aktiv Hilfe suchen.