Mit dem "Ende der epidemischen Lage", für das sich Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag ausgesprochen hat, beschäftigen sich auch auch Unternehmen im Hohenlohekreis. Peter Fenkl, Vorsitzender der Künzelsauer Firma ZIEHL-ABEGG teilte dem SWR Studio Heilbronn am Dienstagabend mit, er begrüße es, auch im Unternehmen wieder zum normalen Miteinander zu kommen.
Hauke Hannig, Pressesprecher von ebm-papst aus Mulfingen, hält es dagegen für wichtig, die "Sensibilität für die Gefahr Covid-19 weiterhin hochzuhalten" und demnach "in Deutschland länderübergreifend und einheitlich" Maßnahmen gelten zu lassen. Ähnlich sehen es politische Vertreter der Region.
Bauer: "Impfquote vergleichsweise niedrig"
So betrachtet der Schwäbisch Haller Landrat Gerhard Bauer (parteilos) den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die pandemische Notlage Ende November auslaufen zu lassen, mit Skepsis. Bauer äußerte Bedenken, die Impfquote in seinem Kreis sei vergleichsweise niedrig. Der Crailsheimer Oberbürgermeister Christoph Grimmer (parteilos) verwies darauf, dass Spahn vor einem Jahr einen weiteren Lockdown zeitweise ausgeschlossen habe, den es dann aber doch gab.
"Es würde mich extrem froh machen, wenn es tatsächlich so wäre, wenn diese epidemische Lage aufgehoben werden würde. Es wurde in der letzten Zeit allerdings so viel versprochen, ich bin da noch ein bisschen vorsichtig." Das sagte Marc Brendle von der Schwäbisch Haller Firma Kachel dem SWR Studio Heilbronn. Und er steht mit dieser Haltung nicht allein da in der Region Heilbronn-Franken. Auch in der Gastronomie und bei den Heilbronner SLK-Kliniken sieht man die Idee des Ministers skeptisch.
"Es stellt sich die Frage: Haben wir denn schon diese Entspannung, die man gegebenenfalls politisch oder auch in der gesamten Bevölkerung auf der anderen Seite wahrnimmt? Und da gibt es, glaube ich, ein differenziertes Bild zu diesem Thema. Von daher kommt es mir persönlich zu früh."
Weber: "Weiterhin hohe Zahl an Erkrankten"
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien weiterhin sehr belastet, sagt SLK-Geschäftsführer Thomas Weber dem SWR Studio Heilbronn. In den letzten Wochen und Monaten sei die Patientenzahl an Covid-Erkrankten weiterhin relativ hoch, auf Intensivstationen wie im Normalbereich. Weber forderte die baden-württembergische Landesregierung auf, Corona-Verordnungen zwar an die aktuelle Lage anzupassen, aber prinzipiell aufrecht zu erhalten.
Dies sei ihm vor allem in der Winterphase bis ins Frühjahr wichtig. Konkret zähle für ihn dazu, weiter Impfangebote zu machen, eine Maskenpflicht in bestimmten Situationen oder auch ein eingeschränktes Besuchsrecht in den Krankenhäusern, so Weber.
Kritik vom Crailsheimer Klinik-Chef
Auch der Geschäftsführer des Crailsheimer Kreisklinikums, Werner Schmidt, rät weiter dringend zur Vorsicht im Umgang mit Corona. Die Aussage von Gesundheitsminister Spahn zum möglichen Ende der epidemischen Notlage Ende November sieht Schmidt äußerst kritisch: "Wenn er das tatsächlich so gesagt hat, dann ängstigt uns das, wir spüren, dass die Pandemie nachlässt, aber wir wissen überhaupt nicht, ob es vorbei ist, wenn es vorbei ist. Es werden sicherlich erst die nächsten Wochen und Monate zeigen."
"Die epidemische Lage jetzt endgültig zu beerdigen, würde bedeuten, dass die Arbeit des Gesundheitsministers in dieser Frage ordentlich abgeschlossen ist."
In der Gastronomie "reicht es jetzt" mit Regeln
Der Stadtverbandsvorsitzende Heilbronn des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Thomas Aurich, appelliert an die Politik, mit dem möglichen Auslaufen der "epidemischen Lage" im Herbst in der Gastronomie alle Maßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsregeln fallen zu lassen.
"Ab dem 25. November bin ich selbst, das ist meine Privatmeinung und bei uns im Dehoga nicht abgetestet, für Freiheit und Eigenverantwortung", sagte Aurich der SWR Studio Heilbronn. In der Gastronomie "reicht es jetzt" mit Regeln, so Aurich. Man habe seit Beginn der Pandemie viel Papier gesehen, aber wenig Lösungen.
Vorstoß wird bundesweit diskutiert
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte sich am Montag dafür ausgesprochen, die "epidemische Lage von nationaler Tragweite" Ende November auslaufen zu lassen. Um sie weiter gelten zu lassen, müsste der Bundestag ausdrücklich die Verlängerung beschließen. Die epidemische Lage ist derzeit rechtliche Grundlage für Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen. Diese könnten aber unter Umständen auch ohne das Fortbestehen der epidemischen Lage aufrechterhalten werden.
Das wird bundesweit unterstützt, beispielsweise von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), aber auch kritisiert wie von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

Entscheidung liegt bei neuer Bundesregierung
Jens Spahn bekräftigte seinen Vorstoß am Dienstag nochmals. Allerdings müsse die neue Bundesregierung entscheiden, wie es weitergehen solle, fügt der CDU-Politiker mit Blick auf die Ampel-Parteien SPD, FDP und Grüne hinzu. Er stehe als noch amtierender Minister beratend zur Verfügung. "Die politische Grundsatzentscheidung, die müssen jetzt die drei Parteien treffen." Grüne und FDP hatten bisher unterschiedliche Meinungen zu dem Thema.