Seit Monaten wird über die Engpässe im Maßregelvollzug diskutiert, in dem suchtkranke Straftäter anstelle einer Gefängnisstrafe therapiert werden. Die baden-württembergische Landesregierung sucht händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten und beißt teilweise bei den Kommunen auf Granit.
Streit um "Faulen Pelz" in Heidelberg geht weiter Sozialministerium schaltet Regierungspräsidium ein
Im Streit um die künftige Nutzung des ehemaligen Gefängnisses "Fauler Pelz" in Heidelberg hat das baden-württembergische Sozialministerium jetzt das Regierungspräsidium Karlsruhe eingeschaltet.
Der Ausbruch von vier Straftätern aus dem Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg (Kreis Heilbronn) vergangenen September hat die Diskussion weiter angeheizt. Um die Kapazitäten zu erhöhen, soll in Schwäbisch Hall eine neue Einrichtung für den Maßregelvollzug entstehen - bis es soweit ist, müssen aber immer wieder Verurteilte vorübergehend freigelassen werden. Sieben Fälle gab es seit 2020 im Bereich der Staatsanwaltschaft Heilbronn. Das hat die Behörde im Rahmen eines Pressegesprächs mitgeteilt.
Ohne Therapie ist die Gefahr sehr hoch, eine neue Straftat zu begehen
Grund ist nach Angaben der Behörde, dass die Verurteilten keinen Therapieplatz im Maßregelvollzug bekommen haben. Keiner habe bisher einen Therapieplatz in Aussicht. Solange seien sie auf freiem Fuß, wobei die Gefahr bestehe, dass sie so ohne Therapie neue Straftaten begingen. Frank Schwörer, Leitender Oberstaatsanwalt, sagte dem SWR, für die Kolleginnen und Kollegen sei dies ein Stück weit frustrierend.
"Jeder Fall ist natürlich für uns tragisch und ändert schon auch etwas an der Motivation, wobei jeder der Kollegen hier professionell an die Sache rangeht."
Umso mehr konzentriere sich die Staatsanwaltschaft darauf, weitere Fälle zu vermeiden. Das gehe aber nicht ohne einen Kapazitätsausbau oder eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft strapazieren viele Straftäter das System zusätzlich, weil sie nur angäben, suchtkrank zu sein, um den deutlich härteren Gefängnisaufenthalt zu umgehen.Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Vorschläge gemacht, die Zugangshürden für den Maßregelvollzug zu verschärfen, um Missbrauch zu verhindern. Ob und wann das entsprechende Gesetz geändert wird, ist aber noch unklar.