picture alliancedpa | Sebastian Gollnow (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Nachweis von Corona-Infektionen

Long-Covid-Patienten warnen vor Priorisierung bei PCR-Tests

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Alexander Dambach

Wie können Corona-Infizierte ihre Erkrankung zweifelsfrei nachweisen. Bisher war das mit einem positiven PCR-Test möglich. Doch diese Testmöglichkeit soll jetzt begrenzt werden.

Die Selbsthilfegruppe Long-Covid-Deutschland, in der rund 5.200 Betroffene organisiert sind, übt scharfe Kritik an der politischen Entscheidung vom Montag, wonach bei PCR-Tests priorisiert werden soll. Ohne einen sicheren Corona-Nachweis drohten Nachteile, etwa wenn es um die Kostenübernahme von Therapien oder gar um eine Erwerbsminderungsrente gehe.

Die Heilbronnerin Anni Conrad engagiert sich stark bei Long-Covid-Deutschland. Die Betroffenen seien regelrecht wütend auf die Gesundheitsminister von Land und Bund wegen der geplanten PCR-Test-Begrenzung. Sie sehen auf Menschen, die in den nächsten Wochen an Corona erkranken und Post-Covid-Symptome entwickeln, Schwierigkeiten zukommen, wenn sie keinen PCR-Test vorlegen können.

"Das Hauptproblem, welches wir als Betroffene sehen ist, dass es in Zukunft für alle, die keinen PCR-Nachweis haben, sehr sehr schwer sein wird, die Erkrankung nachzuweisen."

Probleme, Covid-Erkrankung zu beweisen

In den ersten Corona-Wellen etwa habe es PCR-Tests noch nicht flächendeckend gegeben, so Conrad. Mit den Folgen hätten diese Long-Covid-Patientinnen und -Patienten bis heute zu kämpfen.

"Corona-Erkrankte aus den ersten beiden Wellen ohne PCR-Test haben sehr viel mehr Probleme, ihre Erkrankung zu beweisen."

Selbst mit einem PCR-Test würden Betroffene von Ärzten mitunter nicht wahrgenommen und teils belächelt. Zum Teil würden Long-Covid-Symtpome regelrecht "psychiatrisiert", so Conrad. Es werde mitunter sogar in Frage gestellt, ob die Symptome tatsächlich existieren. Es fehlten im Moment noch immer sichere Diagnoseverfahren.

Anni Conrad spricht in einem Interview über Long Covid. Standbild aus Video. (Foto: SWR)
Anni Conrad aus Heilbronn hatte 2020 Corona.

Corona-Infizierte sollten auch weiterhin auf einen PCR-Test bestehen

Ein positiver PCR-Test, also eine sicher nachgewiesene Erkrankung, so Conrad, sei mitunter auch notwendig, um Termine in Spezialambulanzen zu bekommen oder entsprechende Behandlungen. Corona-Infizierte sollten deshalb auf alle Fälle auch weiterhin auf einen PCR-Test bestehen, so der Rat der Heilbronnerin.

"Ich habe den Eindruck, dass das Problem gar nicht bewusst ist. Es passt zu meiner Wahrnehmung, dass Long-Covid seitens der Politik total ignoriert wird."

Die 42-Jährige erkrankte im April 2020 selbst an Corona. Den Krankheitsverlauf beschreibt sie rückblickend als mild. Wenige Wochen danach stellten sich aber sonderbare Symptome bei ihr ein. Sie bekam Herzrasen, Husten und Atemprobleme.

Auch die Konzentration machte ihr plötzlich große Probleme. Ihr Hausarzt schenkte den Symptomen große Aufmerksamkeit. Bis heute kann die gelernte Krankenschwester nicht arbeiten, das Krankengeld ist ausgelaufen, Conrad bezieht inzwischen Arbeitslosengeld. Sie will jetzt eine Erwerbsminderungsrente beantragen.

"Ich habe das Glück, dass ich einen Hausarzt habe, der mich wirklich wahrnimmt und der die Erkrankung als solches kennt und akzeptiert."

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Die Heilbronnerin ist auch Gründungsmitglied von "Corona im Ländle". In der Selbsthilfegruppe im Bereich Schwäbisch Hall/Heilbronn sind rund 60 Betroffene organisiert.

Conrad fordert, dass die Politik ihre Entscheidung korrigiert und PCR-Tests nicht einschränkt, sondern vielmehr das Testangebot ausbaut.

Testverordnung muss überarbeitet werden

Im einem Beschluss des Bund-Länder-Gipfels vom Montag heißt es, bei den PCR-Tests solle es wegen steigender Infektionszahlen eine Konzentration auf vulnerable Gruppen und Beschäftigte geben, die diese betreuen. Konkret geht es dabei um Personal etwa in Krankenhäusern, in Praxen, in der Pflege, in Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie um Risikopatienten.

Ab wann die Regelung gilt, ist offen, dazu muss Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) im Einvernehmen mit den Ländern die Testverordnung überarbeiten. Die Länder-Gesundheitsministerinnen und -minister hatten bereits am Samstag beschlossen, dass der Verzicht auf PCR-Tests auch bei Warnungen durch die Corona-Warn-App (rote Kachel) gelten soll. Sie ermöglichte bisher einen kostenlosen PCR-Test.

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Alexander Dambach