Ansicht von Block I und Block II des Gemeinschaftskernkraftwerks Neckar (GKN) in Neckarwestheim. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Norbert Försterling)

Atomkraftgegner sprechen von "Verbrechen"

Unklares Laufzeitende von AKW Neckarwestheim - Bürgermeister zeigt Verständnis

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Eventuell läuft Neckarwestheim II durch einen sogenannten Streckbetrieb doch noch länger als geplant. Die Reaktionen in Neckarwestheim (Kreis Heilbronn) gehen stark auseinander.

Das Kernkraftwerk Neckarwestheim II könnte laut Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) frühestens im Oktober in den sogenannten Streckbetrieb gehen und die Leistung senken. Ende Dezember blieben dann noch etwa 30 Prozent der Leistung übrig. So könnte die Laufzeit um ein paar Wochen verlängert werden.

Ob es überhaupt zum Streckbetrieb kommt, hänge vom Ausgang des Stresstests ab, den das Bundeswirtschaftsministerium um Robert Habeck (Grüne) gerade durchführt. Sollte es dann zu einer Anweisung kommen, könne Baden-Württemberg nichts dagegen sagen, so ein SWR-Experte. Die Entscheidungskompetenz liegt beim Bund.

Hintergrund für den Streckbetrieb sind die abgebrannten Brennstäbe, die wegen der bereits beschlossenen Stilllegung nicht mehr erneuert wurden.

Streckbetrieb des AKW ist für Stadt Neckarwestheim akzeptabel

Für Neckarwestheims Bürgermeister Jochen Winkler (parteilos) sei ein Streckbetrieb für ein paar Wochen akzeptabel.

"Wir haben gar nicht damit gerechnet, dass so eine Notfallsituation aufkommt. Aber ich denke schon, dass die Bürger die Notfallsituation anerkennen."

Der Plan sei damit ja, dass man versuche, über den nächsten Winter zu kommen - daher schätzt Winkler auch das Verständnis seitens der Bürgerinnen und Bürger hoch ein. Bei einer längeren Laufzeitverlängerung allerdings würden sicherlich Sicherheitsbedenken aufkommen, da unter anderem turnusmäßige Sicherheitsüberprüfungen vertagt oder ausgelassen wurden, so Winkler.

Atomkraftgegner sehen "Verbrechen" in Verlängerung des AKW-Betriebs

Doch nicht alle sehen einen Streckbetrieb so gelassen: Atomkraftgegner Franz Wagner, der dem Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar angehört, spricht gar von einem "Verbrechen".

"Jeder einzelne Tag Atomkraftwerk-Betrieb ist ein Verbrechen an der Menschheit, ein Verbrechen an der Zukunft und ist auch absolut kontraproduktiv für eine echte Energiewende."

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Sicherheitsüberprüfung überfällig

Die letzte grundlegende Sicherheitsüberprüfung in Neckarwestheim war 2009. Eigentlich sind die Überprüfungen alle zehn Jahre fällig. In der Annahme, dass das Atomkraftwerk Ende des Jahres ohnehin vom Netz gehe, habe die EnBW aber keine mehr durchgeführt, erklärt der Fachredakteur. Wenn Neckarwestheim II jetzt noch sechs bis acht Wochen länger laufen sollte, müsste wohl auch die Atomaufsicht zustimmen.

"Die Gefahr ist natürlich, dass man jetzt über die Argumentation eines Streckbetriebs in Neckarwestheim (...) tatsächlich dann Rechtsänderungen macht nach dem Atomgesetz, die die Tür ganz weit öffnen für mehr."

Wagners Befürchtung sei, dass es selbst bis zum Jahresende zu einem schweren Störfall kommen könnte, weil selbst die gesetzlich vorgeschriebene Sicherheit schon längst nicht mehr gewährleistet sei.

Kretschmann spricht von "prekärer Lage"

Die Versorgungslage in Baden-Württemberg soll durch die jetzige Drosselung des Gasflusses durch die Pipeline Nord Stream 1 im Herbst und Winter voraussichtlich deutlich schwieriger werden. "Die Lage ist jetzt wieder prekärer", sagte Regierungschef Winfried Kretschmann am Dienstag in Stuttgart. Der "Schuss Zuversicht", den man beim Gasgipfel am Montag noch ausgestrahlt habe, sei verfrüht gewesen.

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