Mäuse und Schimmel in Supermärkten

Nach Ekel-Vorwürfen: Kaufland will eine halbe Milliarde Euro jährlich für Hygiene ausgeben

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In der RTL-Sendung "Team Wallraff" wurden schwere Vorwürfe gegen Kaufland erhoben. Jetzt zieht das Unternehmen Konsequenzen und stellt einen neuen Hygieneplan vor.

Eine Reportage des Magazins "stern" und der RTL-Sendung "Team Wallraff" erhebt schwere Vorwürfe gegen Kaufland mit Sitz in Neckarsulm (Kreis Heilbronn). Es geht um mangelnde Hygiene und Sauberkeit in zwei Filialen.

Am Freitagnachmittag gab es eine ausführliche Stellungnahme von Kaufland. Mit einem Fünf-Punkte-Plan wolle man auf die Vorwürfe reagieren, heißt es da.

Kaufland schließt zwei Filialen vorrübergehend

"Die jüngsten Bilder aus unseren Filialen tun uns weh und machen uns betroffen. Die gezeigten Bilder entsprechen in keiner Weise unseren Standards im Umgang mit Lebensmitteln und Sauberkeit", wird Jochen Kratz zitiert, der Vorstand Deutschland bei Kaufland.

Der Fünf-Punkte-Plan beinhaltet: Jährlich sollen 500 Millionen Euro in neue Kühlmöbel investiert werden, alle Filialen sollen grundgereinigt werden, externe Institute sollen für die Qualitätssicherung eingesetzt werden, die betroffene Filiale im saarländischen Homburg soll grundlegend saniert werden und in der betroffenen Filiale in Bad Tölz soll es ein neues Führungsteam geben.

Die Homburger Filiale sollte ursprünglich im Mai bei laufendem Betrieb saniert werden. Das werde jetzt schneller geschehen, die Filiale werde dafür für sechs Monate geschlossen. Die Filiale in Bad Tölz soll für eine Woche geschlossen bleiben, um bereits begonnene Maßnahmen zur Einhaltung der strengen Hygienevorschriften abzuschließen, heißt es weiter.

ver.di kritisiert Änderungen als nicht ausreichend

Zunächst war nur die Rede davon gewesen, die Führungsteams in den beiden betroffenen Filialen auszutauschen. Die Gewerkschaft ver.di glaubt in ihrem Statement vom Freitagmittag allerdings nicht daran, dass ein punktueller Austausch in der Führung etwas an den grundlegenden Problemen ändern werde. "Es wird wieder einmal Druck auf die Beschäftigten ausgeübt, statt sich ernsthaft mit den Ursachen der Probleme auseinanderzusetzen", so Corinna Groß weiter.

RTL-Bericht erhebt Vorwürfe gegen Duale Hochschule

Darüber hinaus erhebt der Bericht auch Vorwürfe gegen die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn. Eine anonyme Frau, die im Film als Professorin der DHBW Heilbronn vorgestellt wird, behauptet, die Schwarz Gruppe nehme Einfluss auf die Bewertung ihrer angehenden Führungskräfte, die hauptsächlich auf dem Bildungscampus Heilbronn ausgebildet würden. Die DHBW widerspricht entschieden: Man sei schockiert über die Vorwürfe, eine Bevorzugung der Studierenden der Schwarz Gruppe gebe es nicht.

Anonyme Professorin: Druck durch die Schwarz Gruppe

"Ich kenne Kollegen, die massiven Ärger bekommen haben, weil sie Studenten haben durchfallen lassen, oder nicht die Noten gegeben haben, die man sich da vorgestellt hat", berichtet die Frau, die in dem Film Regine W. genannt wird - der Name sei geändert worden. Man solle "bloß nichts" machen, "was die Schwarz Gruppe irgendwie verärgern könnte“, so die angebliche Professorin weiter. Sie berichtet von Kritikgesprächen, in denen vonseiten der Schwarz Gruppe "über bestimmte Dinge" Druck ausgeübt werde. Was für Dinge das sind, wird nicht weiter erklärt.

Das sitze ich dann halt ab und gebe jedem eine Eins und dann ist Ruhe.

DHBW-Professoren geschockt von Vorwürfen

Beate Scheubrein ist Dekanin des Studiengangs BWL-Handel. Seit 2004 sei sie an der DHBW Heilbronn und sei völlig entsetzt über die Behauptungen gewesen, berichtet sie im SWR-Interview. Als einzige Frau im Studiengang noch einmal mehr, denn die Aussage der anonymen Informantin könnte im schlimmsten Fall auf sie zurückfallen. Dass man als Professorin oder Professor in ihrem Studiengang Druck von der Schwarz Gruppe bekomme, Studierende nicht durchfallen zu lassen oder Angst um den Job haben müsste, kann sie nicht bestätigen: "Wir sind wirklich gerne - und sind auch als Team sehr gerne - in diesem Umfeld tätig", so Scheubrein im Gespräch mit dem SWR.

Dem pflichtet der Leiter des Studiengangs BWL-Konsumgüterhandel, Thomas Schmidt, bei. Er betreut unter anderem auch die Schwarz-Studierenden. Diese bei Prüfungen zu bevorzugen, ist seiner und Scheubreins Meinung nach schlichtweg nicht möglich. Die Prüfungen würden nie mit Namen, sondern nur mit den Matrikelnummern versehen. Wer die Prüfungen also korrigiere, wisse gar nicht, von welchem Unternehmen die Studierenden überhaupt kommen.

Auch Studierende der Schwarz-Gruppe fallen mal durch

Darüber hinaus habe man Studierende von fast allen Handelsunternehmen der Region am Campus - Food wie Non-Food. Die Schwarz-Studierenden stechen da mit ihren Noten nach Aussage der Professoren nicht heraus. Den Studiengang Handel gebe es auch an fast allen anderen Dualen Hochschulen - mit einer Ausnahme - auch da liege die DHBW Heilbronn bei Noten wie auch bei Studiengangsabbrechern voll im Schnitt. Ein weiterer Beleg, dass hier nicht getrickst werde, sind sich Scheubrein und Schmidt einig.

Schmidt wirft noch ein, dass es durchaus auch schon Studierende der Schwarz-Gruppe gegeben habe, die aufgrund mangelnder Leistung durchgefallen sind und den Studiengang verlassen mussten. "Das wäre ja nicht möglich, wenn die alle eine Eins bekämen", so Schmidt weiter.

DHBW Heilbronn
Die Duale Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn: Im Gespräch mit dem SWR widersprechen Angestellte den Vorwürfen.

DHBW befürchtet, Vorwürfe könnten Abschluss abwerten

Man wolle aber nicht nur den Ruf der DHBW verteidigen, sondern auch den der Studierenden beziehungsweise deren Abschluss. Denn würde jetzt die Runde machen, die Studierenden an der DHBW Heilbronn bekämen die Noten geschenkt, würde das auch ihren Abschluss abwerten.

Auch die Dekanin der DHBW Heilbronn, Nicole Graf, äußerte sich schriftlich: "Alle unsere Professorinnen und Professoren sind Beamte des Landes Baden-Württemberg und als solche ausschließlich ihrem Dienstherren verpflichtet", heißt es da. Das bekräftigen Scheubrein und Schmidt im SWR-Interview. Auch sie seien als Beamte nur dem Dienstherrn, also dem Land Baden-Württemberg verpflichtet.

Klima der Angst bei Kaufland? ver.di sagt: Ja

In der RTL-Reportage wird das angesprochene Klima der Angst aber nicht nur im Zusammenhang mit der DHBW Heilbronn genannt. Auch bei Kaufland intern seien Druck und Angst Programm. Das untermauert auch die Gewerkschaft ver.di in einem entsprechenden Statement. Als Beispiel nennt ver.di die Warenauslage. Bleibt unverkaufte Ware übrig, werde die Belegschaft für Verluste verantwortlich gemacht. Kalkuliert die Belegschaft vorsichtig, damit Ware nicht verdirbt, gebe es Stress, weil die Theke nicht gut genug gefüllt sei.

Hier spüre man den Druck, der auf die Angestellten ausgeübt werde. Auch von Repressionen ist die Rede, wenn sich jemand beschwere. In der Reportage war unter anderem verdorbene Wurst in der Frischetheke einer Kaufland-Filiale im oberbayerischen Bad Tölz zu sehen. "Die zahlreichen Mängel sind eine Folge der erheblichen Personaleinsparungen. Das Unternehmen verlangt kontinuierlich mehr Leistung von immer weniger Mitarbeitenden", so Corinna Groß, die Bundesfachgruppenleiterin Einzelhandel der ver.di-Bundesverwaltung.

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