Rund 78 Kilo ungenutzte Lebensmittel werfen die Deutschen im Schnitt jedes Jahr pro Kopf in den Müll. Besonders viel werfen junge Menschen weg, die nicht mehr bei der Familie leben, sagt Beate Scheubrein von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Heilbronn. Ein Grund dafür seien Packungsgrößen, die eher auf Familien ausgelegt sind. Auch könnten Reste von Mahlzeiten meist nicht auf andere Familienmitglieder aufgeteilt werden, so die Professorin. In einer Wohngemeinschaft (WG) zum Beispiel sei zudem der Platz im Kühlschrank begrenzt und nicht alle Studierenden verfügten über eine Gefriertruhe.
Es fehle an Know-how, wie Mengen beim Einkauf richtig geplant werden. Dazu komme die Spontaneität junger Menschen, die zwar eingekauft haben, dann aber doch kurzfristig auswärts essen, so die Professorin. Baden-Württembergs Ernährungsminister Peter Hauk (CDU) geht davon aus, dass gerade Jüngeren auch der Bezug zur Produktion von Lebensmitteln fehlt und diese deshalb weniger wertgeschätzt werden, als bei älteren Gruppen.
Mindesthaltbarkeit betrifft nur fünf Prozent
Deutschland will bis zum Jahr 2030 die Lebensmittelverschwendung gegenüber dem Jahr 2015 halbieren. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hatte jüngst vorgeschlagen, bei Zucker, Honig, Reis und anderen lang haltbaren Lebensmitteln auf das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) zu verzichten. "Grundsätzlich eine gute Idee", sagt Professorin Scheubrein, allerdings würden nur fünf Prozent der weggeworfenen Lebensmittel aufgrund des MHD entsorgt. Dazu komme, dass von den fünf Prozent fast ein Drittel Molkereiprodukte seien, die auch weiterhin ein MHD haben müssen. Die ganz große Masse der Lebensmittel, die im Müll landen, sei also über Änderungen beim MHD gar nicht zu reduzieren, so Scheubrein.
Sowohl Landes-Ernährungsminister Peter Hauk (CDU) als auch Professorin Scheubrein sind deshalb dafür, mehr in die Verbraucherbildung zu investieren. Wichtig sei, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher besser in die Lage versetzt werden, zu erkennen, welche Lebensmittel noch genießbar sind und welche nicht, so Hauk. Scheubrein wünscht sich, dass dies schon in der Schule gelehrt wird. Zum Beispiel auch, wie Reste gut verwertet werden können. Denn an bereits erwachsene Verbraucher käme man schlechter heran.
Was die Ausnahmen beim Mindesthaltbarkeitsdatum betrifft, sagt Hauk: "Irgendwo müssen wir ja mal anfangen". Deutschland habe sich eine Lösung von der EU-Kommission erhofft, doch die sei nicht in Sicht.
Hinweis zur Studie
Die eingangs erwähnte Studie der DHBW von Maren Ann-Kathrin Jakob ("Lebensmittelabfälle junger Erwachsener - Wegwerfverhalten und Perspektiven" - Arbeitstitel) ist noch nicht veröffentlicht. Wir verlinken diese, sobald sie online zugänglich ist.