Werbung für den Recup in der Heilbronner Gastronomie (Foto: SWR)

Erste Unternehmen bereits im Testlauf

Heilbronner Gastronomie bereitet sich auf Mehrweg vor

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Ab 2023 wird es Pflicht: Gastronomie, die Essen zum Mitnehmen verkauft, muss als Alternative zur Einwegverpackung auch eine Mehrwegverpackung anbieten.

Der Kunde soll ab dem nächsten Jahr die Wahl haben: Will er sein Essen zum Mitnehmen, wie heute meist üblich in der Einmalverpackung zum Wegwerfen, oder darf es eine Mehrwegverpackung sein. In Heilbronn läuft dazu seit fast zwei Jahren ein Förderprogramm, um den Betrieben den Umstieg so einfach wie möglich zu machen.

Denn was erst einmal einfach klingt, ist es in der Realität nicht: Jeder gastronomische Betrieb muss erst einmal das System finden, das am besten zu ihm passt. Je nach benötigtem Geschirr kann das ganz schön aufwendig werden.

Die Suche nach dem passenden Anbieter

Beim DEHOGA Heilbronn sieht man die generelle Einführung von Mehrweg sehr positiv, es müssten jedoch noch ein paar Schwierigkeiten in der praktischen Umsetzung überwunden werden. Für manches Essen sei es nämlich gar nicht so einfach, die passende Box zu finden.

Die "Tenno Sushi Lounge" in Heilbronn beispielsweise hat nach langer Suche gerade mal einen Anbieter gefunden, der eckige Boxen in schwarz anbietet. Alle anderen Produkte wären sonst zu stark abgerundet oder farblich unpassend für Fisch gewesen. Für Pizza gebe es im Moment auch nur einen einzigen Anbieter - solange die Pizza eine übliche Größe hat. Ist sie größer als normal, gebe es hier im Moment noch gar keine Lösung.

REBOWL bereits im Einsatz

Bei "Pfeffer Lebensmittel und Tagbar" in Heilbronn hat man mehr Glück: Man benutzt eine Bowl des Herstellers RECUP. Die gibt es in verschiedenen Größen und eigne sich so für alle Gerichte. Einzig ein ganz kleiner Behälter extra für Soßen wäre noch praktisch. Und die Resonanz sei sehr gut: Man schätze die Kundschaft, die sich für die wiederverwendbare Bowl entscheiden, auf 60 bis 70 Prozent.

"Es macht auch viel mehr Spaß, aus einer REBOWL zu essen, als aus einem durchgeweichten Pappbehälter."

Gerade zur Mittagszeit gebe es eine starke Stammkundschaft, die ihre eigene REBOWL mitbringe. Gegen fünf Euro Pfand erhält man auch eine direkt vor Ort. Den Kaffeebecher RECUP gibt es für einen Euro. Die Nachfrage wird mittlerweile immer größer.

Verschiedene REBOWL-Größen  (Foto: SWR)
Verschiedene Größen der REBOWL.

Einheitliche Systeme von Vorteil

Da es sich bei dem Hersteller auch um einen der größeren handelt, stehen die Chancen für den Kunden gut, die Schüssel auch bei anderen Läden verwenden zu können. Denn letztlich darf sich jeder Wirt ein eigenes System aussuchen.

"Wenn sie halt den Anbieter A haben, und der Gast A bringt den mit zum Wirt, der aber Anbieter B hat, dann bekommt er ein anderes System zurück."

Es wäre zwar schön gewesen, ein einheitliches System zu haben. Da die Anforderungen der Betriebe aber einfach zu unterschiedlich seien, gebe es keinen Anbieter, der tatsächlich alles abdecke.

Hygienische Bedenken bei eigenem Geschirr

Prinzipiell hat jeder Wirt die Wahl: Es gibt bereits etablierte Anbieter, die sich auf die Versorgung mit Mehrwegverpackungen spezialisiert haben. Er kann einen von diesen wählen oder auch ein ganz eigenes System einführen. Er kann es auch erlauben, dass Kunden ihre eigenen Behältnisse direkt mitbringen. Für diesen Fall gibt es jedoch aus hygienischer Sicht einige Bedenken bei den Betrieben, wie Thomas Aurich vom Stadtverband DEHOGA Heilbronn betont.

Denn durch die Übergabe an der Theke wäre das Einschleppen von Viren möglich. Bei etablierten Systemen sei das einfacher: Der Kunde bringt sein benutztes Geschirr mit, der Wirt ersetzt es durch ein neues, frisch gespültes Behältnis.

Heilbronn fördert die Umstellung

Ausgenommen von der Regelung sind Kleinbetriebe mit weniger als 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und maximal fünf Mitarbeitenden. Diese müssen dann keine Mehrwegverpackungen vorhalten, es jedoch dem Kunden ermöglichen, seine eigene mitzubringen. Als Kleinbetrieb zählt hier nicht, wer Teil einer großen Kette ist.

Im Förderprogramm der Stadt Heilbronn wurden Betriebe mit einer Pauschale von 380 Euro unterstützt, um die Umsetzung zu testen. Zusätzlich gab es Informationen über verfügbare Anbieter für Mehrwegverpackungen. Mit diesem Anreiz wollte man die Betriebe schon frühzeitig ermutigen, auf Mehrweg zu setzen. Rund 30 Gastronomen haben mitgemacht. Man erhofft sich durch die Umstellung eine deutliche Müllreduzierung.

"Ein ganz plastisches Beispiel ist: Ein Becher, der im Mehrwegsystem genommen wird, spart 500 Einwegbecher ein."

Gleichzeitig soll durch ein Sensibilierungsprogramm auch der Verbraucher darauf aufmerksam gemacht werden.

Viele Betriebe wurden dadurch überzeugt

Für Thomas Pfeffer, Inhaber von "Pfeffer Lebensmittel und Tagbar", war das Förderprogramm dann auch der ausschlaggebende Punkt, auf Mehrweg zu setzen. Davor gab es zwar Überlegungen, aber der Startschuss fehlte einfach noch.

"Wir haben immer überlegt, machen wir es, machen wir es nicht. Und dann kam die Stadtinitiative auf uns zu [...] und dann haben wir uns gesagt: Wenn die ganze Stadt da mitmacht, dann sind wir auch dabei!"

Der Verbraucher muss mitmachen

Viele Betriebe wollen jetzt erst noch alte Verpackungen verbrauchen, bevor es an den Einkauf der neuen Systeme geht. Beim DEHOGA setzt man vor allem auf den Verbraucher, dass er das System annimmt und so seinen Teil zum Umweltschutz beiträgt.

"Wir sehen das aber positiv, dass alle den Zug der Zeit erkannt haben mit der Erderwärmung, dass jeder seinen Beitrag auch dazu leisten muss und dass wir tatsächlich zum ersten Januar die Umstellung dann auch perfekt hinbekommen."

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