Eine Frau fährt in Heilbronn nachts mit ihrem Auto rund 750 Meter über Bahngleise. Wenige Wochen später laufen dutzende VfB-Fußballfans über die Schienen. Und immer wieder springen Menschen auf das Gleisbett, um zum anderen Bahnsteig zu kommen. Eines haben alle Aktionen gemeinsam: Sie sind lebensgefährlich. Trotzdem behandelt die Polizei die mutmaßlichen Straftäterinnen und Straftäter unterschiedlich: Der Frau droht eine Strafe, den Fußballfans nicht.
Betrunken mit dem Auto auf den Gleisen in Heilbronn
Anfang des Jahres hatte eine Autofahrerin in Heilbronn großes Glück und kam unverletzt davon: Sie fuhr mit ihrem Auto auf die Gleise, laut Polizei war sie betrunken und hatte sich verirrt. Sie war offenbar beim Heilbronner Bahnhof auf das Gleisbett abgebogen. Statt anzuhalten und Hilfe zu holen, fuhr sie rund 750 Meter über die Gleise. Am Ende war ihr Auto Schrott. Zwar wurden keine Menschen verletzt, trotzdem war es eine lebensgefährliche Fahrt und ein schwerer Eingriff in den Schienenverkehr.
Bei der Irrfahrt verstieß die 41-jährige Frau laut Polizei gegen mehrere Gesetze: Sie wurde deshalb wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr, der Störung öffentlicher Betriebe und der Gefährdung des Straßenverkehrs angezeigt. Das teilte die Polizei auf SWR-Anfrage mit. Darauf stehen jeweils unterschiedliche Geld- oder Freiheitsstrafen. Ob und wann Anklage erhoben wird, ist offen.
Notruf verhinderte offenbar Schlimmeres
Den Unfall an dem Sonntagmorgen am Heilbronner Bahnhof beobachteten mehrere Menschen und informierten die Polizei. Dank der schnellen Reaktion konnte der Bahnverkehr gestoppt und Schlimmeres verhindert werden. Signale der umliegenden Strecken wurden auf Rot gestellt und der Bahnverkehr ausgesetzt. Denn muss ein Zug notbremsen, wenn das Hindernis bereits in Sichtweite ist, reicht der Bremsweg oftmals nicht und es kommt zum Aufprall.
Der Autofahrerin droht eine Gefängnisstrafe
Die Autofahrerin auf den Schienen ist in Deutschland kein Einzelfall. Jeden Tag überqueren Menschen Gleise an verbotenen Stellen. Manche versuchen durch den Sprung auf die Gleise, sich einen längeren Weg durch Unterführungen zu sparen oder noch einen Zug zu erreichen. Aber auch für Selfies oder zum Flaschensammeln waren bereits mehrfach Menschen auf Gleisen. Das sei auf einer befahrenen Strecke lebensgefährlich, warnt die Bundespolizei.
Lebensgefahr auf den Gleisen
Beim Betreten der Gleise besteht generell Lebensgefahr. Die Bundespolizei und die Bahn warnen eindringlich: Heranfahrende Züge sind oft kaum zu hören und erst sichtbar, wenn es bereits zu spät ist. Bei einer Notbremsung können zudem auch Mitfahrende im Zug umfallen und sich dabei verletzen. Es gilt: Niemals über Gleise gehen. Diese Regel wird jedoch immer wieder ignoriert. So kommt es auch in der Region Heilbronn-Franken jedes Jahr zu schweren Verletzungen. Im vergangenen Jahr ist beispielsweise eine junge Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn bei Obersulm (Kreis Heilbronn) über die Gleise gelaufen und wurde dabei vom Zug erfasst und schwer verletzt. Ein Zug musste eine Notbremsung durchführen. Die Verursacherin wurde angezeigt. Im vergangenen November erhob das Amtsgericht Heilbronn Anklage wegen fahrlässigen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr. Laut Strafgesetzbuch (StGB) könnte das eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe bedeuten.
Glück im Unglück: Fußballfans werden nicht bestraft
Bei den Fußballfans des VfB Stuttgart hatte die Bundespolizei jedoch ein Nachsehen. Die Fans waren mit einem verspäteten Zug im Heilbronner Hauptbahnhof angekommen. Die Türen der Ausgänge des Bahnhofs waren bereits verschlossen. Deshalb haben die Fans den Weg über die Gleise "in die Freiheit" gewählt. Verletzt oder gefährdet wurde dabei laut Polizei niemand. Von weiteren Ermittlungen sieht die Polizei deshalb ab.
Nachts über die Gleise: VfB-Fans in Heilbronn müssen keine Strafe zahlen
Eingriffe in den Bahnverkehr gibt es täglich
Wie oft Autos in Baden-Württemberg auf Gleise fahren, kann die Bundespolizei nicht gesondert mitteilen, da es sich dabei nicht um einen extra Straftatbestand handelt. In Heilbronn habe es im Jahr 2024 eine "niedrige einstellige Anzahl von Fällen" gegeben, bei denen Autos auf Gleisen waren, teilte die Polizei auf SWR-Anfrage mit.
Andere Eingriffe sind deutlich häufiger. Bundesweit wurden im Jahr 2023 fast 1.800 Fälle polizeilich aufgenommen, in denen Menschen den Bahnverkehr gefährdet haben sollen. Über die Hälfte davon fand im eher ländlicheren Bereich statt: in oder bei Städten und Gemeinden mit unter 100.000 Einwohnern. Eine genaue Datenlage, wie dieser Eingriff stattgefunden hat, wird in der Statistik jedoch nicht erfasst.