Die Präsidentin des Landesverfassungsschutzes, Beate Bube, sieht in Fällen wie dem "Reichsbürger" aus Boxberg (Main-Tauber-Kreis) eine zunehmende Gefahr für den Staat. Das sagte sie am Rande eines Vortrags in Schwäbisch Hall dem SWR.
Staatsfeindschaft als Ideologie
Es gebe verschiedene neue Extremismus-Phänomene, sagte Bube in einem Exklusiv-Interview mit dem SWR. Was sie derzeit intensiv beschäftige, seit ein paar Jahren, aber mit starkem Zulauf, sei die sogenannte "Reichsbürger"- und Selbstverwalterszene. Durch das Coronaprotestgeschehen sei zudem ein neues Feld der Demokratie- und Verfassungsfeindlichkeit dazu gekommen. Es gehe um die Delegitimierung des Staates, die im Kern eine Staatsfeindschaft zum hauptideologischen Inhalt habe, so Bube. Das sei eine Mixtur, die zunehmen Sorgen bereite, weil sie auch mit einer Gewalttätigkeit einhergehen könne.
Versuchter Mord und Angriff auf Polizisten Schüsse in Boxberg: Anklage gegen mutmaßlichen "Reichsbürger"
Die Bundesanwaltschaft erhebt Anklage gegen einen mutmaßlichen "Reichsbürger". Er soll im vergangenen Jahr in Boxberg auf Polizisten geschossen und einen Beamten verletzt haben.
4.000 Reichsbürger in Baden-Württemberg
Bube geht inzwischen von knapp 4.000 "Reichsbürgern" im Land aus. Der Landesverfassungsschutz (LfV) müsse dafür "ordentlich Ressourcen reinstecken". Man habe die Szene intensiv im Blick, das zeige auch die bundesweite Durchsuchungsaktion Anfang Dezember. Dort habe es auch einen Schwerpunkt in Baden-Württemberg gegeben. Eine stattliche Anzahl von Menschen in Baden-Württemberg wünsche sich einen Systemumsturz und hätte sich nach Informationen des LfV darauf auch schon vorbereitet. Darin liege Bube zufolge eine "gehörige Gefährdungslage".
Reichsbürger versuchen Gewalt zu legitimieren
Es würden Verschwörungstheorien genutzt, um ein Weltbild zu zeichnen, das die politischen Eliten verunglimpft und ihnen vorwirft, den Untergang für die Menschheit zu wollen. Daraus leiteten die "Reichsbürger" ein Notwehrrecht ab, so die Präsidentin des Landesverfassungsschutzes. Damit würden sie eine Grundlage schaffen, dieses "böswillige" System zu beseitigen und so auch Gewaltanwendung zu rechtfertigen. Mit diesen Verschwörungstheorien im Gepäck versuchten die Reichsbürger, Anhänger zu finden, was zum Teil auf fruchtbaren Boden falle. Es gebe jetzt eine neu aufkommende Demokratieskepsis, die der Landesverfassungsschutz so in den letzten Jahren nicht kannte, so Bube.