Wie aus der repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey hervorgeht, beunruhigen die rasch steigenden Preise die Menschen sogar noch mehr als der Ukraine-Krieg selbst oder die Corona-Pandemie.
"Zwei Jahre Corona haben Spuren hinterlassen. Aber die Inflation und die Invasion der Ukraine machen die Menschen so pessimistisch wie nie zuvor."
Wir wollten von den Heilbronnerinnen und Heilbronnern wissen, ob sie, beispielsweise bei der Urlaubsplanung, schon Einschnitte machen, um Geld zu sparen.
Gastronomie noch nicht betroffen
In den Hotels in und um Heilbronn spüre man noch keine Zurückhaltung bei den Gästen, "zum Glück", sagt Johanna Mohrlock, die Geschäftsführerin des Rappenhofs bei Weinsberg (Kreis Heilbronn), die außerdem dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) angehört. Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Branche berichten ihr das Gleiche.
"Unser Restaurant ist sehr gut ausgelastet und wir haben guten Zuspruch von der Kundschaft."
Auch das gute Wetter spiele sicher eine Rolle, warum auch im angeschlossenen Restaurant bisher noch keine Zurückhaltung zu spüren sei. Dennoch habe auch sie Sorgen, wenn es um die Zukunft geht. Schon jetzt sei es schwer, alle Waren zu bekommen, die sie brauchen. Die steigenden Preise müssten an die Kunden weitergegeben werden. Noch seien diese aber kulant und dem Rappenhof treu, so Mohrlock.
Heilbronner sparen vor allem beim Auto
Viele der vom SWR befragten Bürgerinnen und Bürger aus Heilbronn sagen, dass sie vor allem das Auto stehen lassen, um den teuren Sprit zu sparen. Sei es im alltäglichen Verkehr, aber auch bei der Urlaubsplanung. Vieles wird jetzt eher mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln erledigt. Schwierig werde es da für Rentner, sagt die Heilbronnerin Roswitha Gall.
"Wir sind Rentner und wir bleiben auf der Strecke – egal wie."
Sie könne die Einkäufe nicht nach Hause tragen, sei daher auf ein Auto angewiesen, auch wenn sie, wie sie sagt, so oft es geht, das Fahrrad nutzt. Beim Urlaub weichen viele inzwischen auf nahegelegene Ziele aus, gelernt in der Corona-Pandemie. "Wir genießen die schöne Landschaft und die Gegend hier", so Edith Schneider aus Heilbronn.
Und auch Johanna Mohrlock berichtet, sei der Rappenhof vor der Pandemie noch eher ein Business-Hotel gewesen, würden jetzt auch mehr touristische Buchungen eingehen.
Einzelhandel am stärksten betroffen
Aber nicht nur beim Urlaub und am Sprit wird gespart. So berichtet Marc Brändle, der Geschäftsführer von Gustav Kachel Haushaltswaren in Schwäbisch Hall, dass es in seinem Geschäft fast noch schlimmer sei, was die Zurückhaltung der Kunden angeht, als in der Corona-Pandemie. Er könne die Ergebnisse der Umfrage nur bezeugen, sagt er.
"Wir spüren das sehr. Es ist eine unheimliche Kaufzurückhaltung da. Und zwar seit […] der Ukraine-Krieg läuft."
Das bestätigt auch Eva Schnepf, Geschäftsführerin bei Seel Schreibwaren in Heilbronn und Mitglied der Heilbronner Stadtinitiative. Man dürfe die Situation nicht mit 2021 oder 2020 vergleichen. Im Vergleich zu den Pandemiejahren sei es schon wieder etwas besser, im Vergleich zu 2019, vor der Pandemie, fehlen ihr aber weiterhin rund 40 Prozent der Kunden und 25 Prozent Umsatz. Andere Einzelhändler berichten ihr Ähnliches.
Keine Normalität nach Ende der Maskenpflicht
Auch sie glaubt, dass das mit der allgemeinen Stimmung um den Krieg, aber vor allem mit den stark gestiegenen Preisen zusammenhängt. Sie könne nur für ihr Gewerk sprechen, aber beispielsweise sei der Preis für Papier auf das Doppelte gestiegen. Zum Teil seien die Lieferengpässe so gravierend, dass sie "noch froh sein [kann], wenn wir überhaupt noch Papier geliefert bekommen."
Marc Brändle hatte gehofft, dass mit den Lockerungen die Normalität auch wieder bei ihm im Geschäft ankomme, sagt er im Gespräch mit dem SWR.
"Von der Normalität sind wir im Moment meilenweit entfernt."
Er glaubt, dass die Leute aktuell noch eher bei Dingen des täglichen Bedarfs sparen und sich jetzt erst einmal freuen, wieder ausgehen zu können, was die vollen Lokale belegen würden.
Konjunkturbericht stützt These der Umfrage teilweise
Eine von der Industrie- und Handelskammer Heilbronn-Franken (IHK) veröffentlichter Konjunkturbericht für das erste Quartal 2022 stützt die Thesen der McKinsey-Umfrage zumindest in Teilen. So gaben rund 45 Prozent der Einzelhändler an, dass die Kunden eher zurückhaltend seien, was allerdings noch drei Prozentpunkte unter dem Wert vom letzten Quartal liegt.
Dennoch beurteilen nur noch 30 Prozent der befragten Einzelhändler ihre Situation als "gut", im letzten Quartal 2021 waren es mit 47 Prozent noch deutlich mehr. Und auch der Blick in die Zukunft ist dem Bericht zufolge bei vielen Unternehmen eher pessimistisch. Rund 30 Prozent der Einzelhändler erwarten demnach im kommenden Jahr eine schlechtere Geschäftslage, im Vorquartal war das noch die Hälfte.
"Ich denke auch wir haben keinerlei Ende in Sicht. Das ist ein ganz, ganz schlechtes Zeichen für den Verbraucher und für die Konjunktur."
Das deckt sich auch mit den Aussagen der vom SWR befragten Unternehmen. Die Preise steigen weiterhin, das muss auch an die Kunden weitergegeben werden. Viele befürchten daher, dass die Kundenfrequenz in Zukunft weiter sinken wird. Und auch rund 30 Prozent der von McKinsey befragten Menschen glauben, dass die Preise in den kommenden zwölf Monaten weiter steigen werden.