Die Telefonhotline beim Kinderschutzbund Heilbronn steht derzeit nicht still. Verzweifelte Eltern rufen an und suchen Rat, weil sie mit der Situation überfordert sind – Homeoffice, Homeschooling, Kontaktbeschränkungen. Vielen wird das zu viel. Diplompädagogin Veronika Siller sagt, die Familien würden gerade ziemlich allein gelassen.
"Die aktuelle Situation geht vor allem zu Lasten der Kinder. Denen wurde die komplette Alltagsstruktur genommen. Und auch die Möglichkeit Gleichaltrige zu treffen. Das ist auch das, was wir auf der Hotline sehr merken."
Vieles ist derzeit nicht möglich
Der Kinderschutzbund wäre genau für solche Situationen da. Doch aktuell ist vieles nicht möglich. Man versuche zwar, möglichst kontaktlos zu arbeiten, aber das Familiencafé habe zum Beispiel komplett schließen müssen, sagt Geschäftsführerin Martina Grön. Online- und Telefon-Angebote könnten den persönlichen Kontakt nicht ersetzen, die Lage werde langsam bedrohlich.
"Die Langzeitfolgen sind ja gar nicht abzusehen. Was Kinder jetzt an psychischen Folgen mitnehmen, gilt fürs ganze Leben. Also für die nächsten 80, 90 Jahre. Das ist echt dramatisch."
Der Kinderschutzbund versuche so gut es geht, für die Familien da zu sein, hat zum Beispiel Kreativtaschen mit Bastelsachen an Kinder verschickt, damit diese eine Beschäftigung haben. Denn auch die Freizeitgestaltung leide.
In Crailsheim sieht es nicht besser aus
Das beobachtet auch Waltraud Baumann vom Kinderschutzbund in Crailsheim. Ohne Unterstützung sehe es in vielen der betreuten Familien düster aus:
"Die Kinder sitzen vom Fernseher, schauen unheimlich viel fern oder sitzen am Computer und zocken."
Der Crailsheimer Kinderschutzbund sucht zwar gerade nach Kooperationspartnern, die den Kindern Freizeitbeschäftigungen ermöglichen – doch alle Projekte liegen auch hier erstmal auf Eis. Das Angebot ist heruntergefahren. Hinzu kommt, dass die Niederlassung in Crailsheim eher klein ist. Aktuell gebe es viel zu viele Anfragen, die Waltraud Baumann und ihre Kolleginnen gar nicht alle beantworten könnten. Corona führe zu einem einem echten Dilemma.
"Es ist durch Corona notwendiger denn je, die Familien direkt zu unterstützen, aber durch den Lockdown ist es eben nicht möglich in die Familien zu gehen."
Drei Monate sind für Kinder eine Ewigkeit
Die Familienpatenschaften, in denen Ehrenamtliche Eltern und Kinder in ihrem täglichen Leben unterstützen, müssten derzeit ruhen. Andere Angebote, wie etwa die Unterstützung von Vätern, die nach der Scheidung ein Umgangsrecht eingeräumt bekommen haben, ist unter strengen Auflagen weiter möglich. Und auch dringend notwendig, sagt Waltraud Baumann.
"Das hätte ja auch die Folge, dass die Kinder ihre Eltern nicht sehen könnten auf unbestimmte Zeit. Und die meisten sind ja noch sehr jung, da sind drei Monate ja eine Ewigkeit."
Wichtig bleibe, die negativen Folgen des Lockdowns für Kinder und Familien so weit wie möglich abzufedern.