Die Kostenentwicklung bei Lebensmitteln und Energie stellt Gastronomiebetriebe vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Zwar sind die Gästezahlen nach den schwierigen Pandemiejahren wieder deutlich besser geworden, aber nun steigen die Preise.
Sonnenblumenöl gibt es gar nicht mehr
Die Steigerungen sind enorm, 80 Prozent bei Mayonnaise, 250 Prozent bei Öl und 62 Prozent beim Burger, listet Thomas Aurich, Heilbronner Stadtverbandsvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), die Preissteigerungen für seine Betriebe auf. Manche Produkte wie Sonnenblumenöl seien gar nicht mehr zu bekommen. Auch die Personalkosten seien gestiegen und Lieferanten würden bereits Treibstoffzuschläge nehmen.
Kosten kommen zeitversetzt beim Gast an
Schlussendlich müssten die gestiegenen Kosten auch auf die Preise in der Gastronomie aufgeschlagen werden. Die Selbstkosten des Unternehmers kommen jedoch erst später beim Gast an, so Aurich, deshalb sei es jetzt eigentlich so günstig wie nie in der Gastronomie. Auch würden die Speisekarten nicht täglich an die neusten Einkaufspreise angepasst. Betriebe mit modernen Kassensystemen könnten die Preise zwar unkompliziert ändern, aber jeden Tag die Preise neu zu berechnen, sei unmöglich.
Aurich, der seit Jahrzehnten Gastronom ist, sagt, es habe noch nie eine Zeit gegeben, in der der Gast so viel profitiert habe wie derzeit: "Wir kommen mit den Preisen einfach nicht hinterher, wir wissen heute nicht, was es morgen kosten wird."
Gastronomen denken über neue Einnahmequellen nach
Während es bereits Berichte von Restaurants gibt, die zwischenzeitlich ein Eintrittsgeld verlangten, wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, überlegt auch Thomas Aurich, welche weiteren Möglichkeiten es gibt, die Kosten zu decken. Von einem Eintrittsgeld hält er jedoch wenig.
Ein Vorbild für eine weitere Möglichkeit, Kosten zu decken, sieht Aurich in Italien, wo in manchen Gegenden die Gedecksteuer "coperto" anfällt. Der Aufschlag um ein paar Euro pro Person soll die verursachten Kosten eines Restaurantbesuchs abdecken, sobald der Gast an einem Tisch Platz genommen hat - beispielsweise für Geschirr, Besteck und Gläser. Dass das hier ein Erfolg wäre, glaubt er allerdings kaum.
In Heilbronn denkt bereits ein Kollege über eine mögliche Tischpauschale nach, sagt Aurich. Ob so etwas hier überhaupt funktionieren würde, müsse man abwarten.
Wollen Gäste überhaupt mehr Geld für Restaurantbesuche ausgeben?
Ob die Gäste allerdings bereit sind, nach der Pandemie und "diesen gigantischen Ausfällen an Umsätzen" so viel höhere Preise beim Restaurantbesuch zu bezahlen, ist fraglich. Bei einer Umfrage der Hochschule Heilbronn, sagt Aurich, seien die Menschen befragt worden, wie viel mehr Geld sie in der Gastronomie bereit wären zu bezahlen. Viele seien bereit, rund fünf Prozent mehr für den Restaurantbesuch auszugeben. Das decke die Kostensteigerungen bei Lebensmitteln, Transport und Mitarbeitenden bei weitem nicht ab. Schließlich steige auch der Mindestlohn.
Das Problem der Gastronomie werde dadurch verschärft, dass in solch schwierigen Zeiten der Inflation mit hohen Energie-, Sprit- und Lebensmittelpreisen auch der Verbraucher sparen muss - das könne er am ehesten beim Restaurantbesuch: "Da wo es günstig ist, da geht er halt hin."
Gastronomen in BW reduzieren Öffnungszeiten
Für die Gastronominnen und Gastronomen bedeuteten die massiven Kostensteigerungen bei Personal, Waren und Energie landesweit große unternehmerische Probleme, so Daniel Ohl, Geschäftsführer Kommunikation des DEHOGA Baden-Württemberg. Wenn ein Energieliefervertrag gerade auslaufe, bewegten sich diese Kosten sogar Richtung Verdoppelung. Betriebe könnten gegensteuern, indem sie beispielsweise die Speisekarte verkleinern, also weniger gefragte oder besonders aufwendige Gerichte nicht mehr anböten. Das spare auch Kosten bei der Bevorratung. Ohl beobachtet auch eine Reduzierung der Öffnungszeiten: Die ohnehin raren Mitarbeiter könnten dann eingesetzt werden, wenn es betriebswirtschaftlich am sinnvollsten sei. Deshalb werde schon einmal der Mittagstisch gestrichen oder ein zusätzlicher Ruhetag eingelegt.
Aufschläge wie den genannten "coperto" könne man auch aus rechtlichen Gründen nicht ganz so einfach vornehmen, sagte Ohl. Die Preisangabenverordnung regle schließlich, dass Gastronomen immer Inklusivpreise angeben müssten. Die Frage sei außerdem, ob das "Kreieren von Aufschlägen" bei den Gästen akzeptiert werde und eine Verbesserung bringe.
DEHOGA: "Kostenentwicklung ist größtes Problem"
Dass die stark steigenden Preise für Lebensmittel und Energie momentan zu den größten Sorgen in Betrieben zählen, zeigt auch eine aktuelle Umfrage des DEHOGA unter 800 Mitgliedern in Baden-Württemberg.
Nach den vielen pandemiebedingten Schließungen in der Gastronomie und vielen abgewanderten Mitarbeitern ist Personalmangel weiter ein Thema. 61,4 Prozent der Betriebe beklagten diesen Zustand, so die Umfrage.
Forderung: Mehrwertsteuersatz dauerhaft senken
Der DEHOGA fordert deshalb, auch weiter den Mehrwertsteuersatz auf Speisen in Restaurants dauerhaft auf sieben Prozent zu setzen. "Der Neustart des Gastgewerbes wird durch die aktuellen Herausforderungen erschwert", beklagt DEHOGA-Bundesverbandspräsident Guido Zöllick.