Laurin Keck macht sein FSJ im SLK Klinikum am Plattenwald in der Notaufnahme. (Foto: SWR)

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FSJ - Soll das soziale Jahr freiwillig bleiben oder nicht?

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Über ein soziales Pflichtjahr wird weiter diskutiert. Viele junge Menschen engagieren sich bereits jetzt, ganz ohne Pflicht und mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen.

Laurin Keck ist 20 Jahre alt und macht sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Notaufnahme im SLK-Klinikum am Plattenwald in Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn). Kein Ort für schwache Nerven. "Am ersten Tag bin ich gleich mal ohnmächtig geworden - aber man gewöhnt sich schnell dran", sagt er und lacht. Er misst Blutdruck, füllt Schränke auf und hilft den Pflegekräften, wo er kann.

Er würde ein FSJ weiterempfehlen, findet aber die Bezahlung von rund 400 Euro monatlich zu gering. "Ein FSJ machen zu können, ist eine sehr privilegierte Sache, nicht jeder kann es sich leisten, ein Jahr so wenig zu verdienen", sagt Keck.

Wertschätzung für Freiwillige nicht überall selbstverständlich

Julia Faulhammer studiert im dritten Semester Kindheitspädagogik. Davor hat die 21-Jährige ihr FSJ in einer Kita in Freiberg am Neckar (Kreis Ludwigsburg) absolviert. Sie hat es einem mehrfach schwerbehinderten Kind ermöglicht, in eine Regel-Kita zu gehen. Vom Kita-Team und dem Träger fühlte sie sich sehr geschätzt. Das sei bei einem FSJ leider keine Selbstverständlichkeit, sagt sie. Durch die praktischen Erfahrungen im FSJ fällt ihr das Verstehen der Theorie im Studium leichter, auch sonst sei die Zeit in der Kita sehr erfüllend gewesen.

Diskussion über Pflichtjahr

Ein soziales Jahr zur Pflicht zu machen, lehnt Julia Faulhammer entschieden ab. Um dem Personalmangel in den Kitas und Kindergärten zu begegnen, brauche es Fachkräfte und eine bessere Bezahlung. Mit einer Verpflichtung werde nur versucht, an billige Arbeitskräfte zu kommen, das sei aber nicht die Lösung des Problems. Auch Laurin Keck wünscht sich lieber motivierte, freiwillige FSJler, mehr qualifizierte Fachkräfte und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Wobei er mehr Jugendlichen die positiven Erfahrungen aus seinem FSJ wünscht.

Grenzen testen, Orientierung finden

Hasan Iyigüven ist 22 und kommt aus Heilbronn. Er macht seinen Bundesfreiwilligendienst in der Kindersolbad gGmbH in Bad Friedrichshall. Den Begriff Kinderheim vermeiden sie hier, sie sprechen lieber von einer Kinder- und Jugendhilfe-Einrichtung. 68 stationäre Plätze gibt es. Hasan begleitet die Kinder im Alltag, fährt mit ihnen zu Therapien oder holt sie vom Kindergarten ab. "Ich bin kein BWLer, ich bin ein Sozi", sagt er. In diesem Jahr mit den Kindern habe er Orientierung für seine berufliche Zukunft gefunden. Ab Oktober macht er ein duales Studium in der Einrichtung.

Die meisten Kinder dort haben ihr Päckchen zu tragen. Manches Schicksal geht nahe. "Es ist okay, auch mal traurig zu sein", sagt Hasan, auf die Frage, wie er mit belastenden Situationen umgeht. Wichtig sei, dass man sich im Team darüber austauscht. Auch er ist gegen eine Pflicht, wünscht sich eher, dass in Schulen und Universitäten mehr Werbung für den freiwilligen Dienst gemacht wird.

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