Als 2016 die ersten Asylsuchenden nach Cleebronn (Kreis Heilbronn) kamen, war die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung groß, erinnert sich Norwin Hilker. Die Menschen aus Afghanistan, Syrien und Gambia wurden bei Behördengängen, zur Bank, zum Arzt oder zum Sportverein begleitet. Auch habe es unter den Geflüchteten einen Zusammenhalt gegeben, sagt der ehemalige Sonderschullehrer. Gut ein Drittel konnte in Arbeit oder Ausbildung gebracht werden. Doch in den vergangenen Jahren habe es sich zum Negativen gewendet, schildert er.
Es seien immer mehr Armutsmigranten ohne Chance auf eine Bleibeperspektive gekommen. Das Landratsamt habe wegen Personalmangel und Datenschutz immer weniger unterstützen können. Mit den vielen Sprachen sei der Freundeskreis überfordert gewesen. Es fehle an Deutschkursen, Dolmetschern und Sozialpädagogen. Die Menschen anfangs wären dankbar gewesen, heute seien die Helfer frustriert über die Anspruchshaltung einiger Migranten. Hilker sagt, sein Vertrauen und seine Hilfsbereitschaft seien von einzelnen ausgenutzt worden. Solche Erfahrungen hätten mit dazu geführt, dass der Helferkreis kleiner wurde. So sei am Ende immer mehr Arbeit an immer weniger Leuten hängen geblieben.
Integration auch in Schwäbisch Hall schwieriger geworden
Hartmut Siebert ist Professor für Medizin und seit vielen Jahren in Schwäbisch Hall für Geflüchtete aktiv. Von dem großen Helferkreis aus 2015 sind heute noch gut zehn Leute aktiv. Der Rest werde in einem E-Mailverteiler hin und wieder angeschrieben, wenn Hilfe oder Sachen gebraucht würden. Er lobt die Unterstützung durch die Institutionen und sozialen Träger in Schwäbisch Hall. Eine engmaschige Begleitung und Integration ist aber auch hier nicht mehr möglich. "Wir können nur die Spitze des Eisberges abdecken", so Siebert.
Dass sich die Mentalität der Geflüchteten gegenüber 2015 gewandelt habe, sei auch sein Eindruck. Es gebe tätliche Auseinandersetzungen, Verschmutzungen und Aggressionen in den Sammelunterkünften. Niemand fühle sich mehr verantwortlich, sagt er. Die Zustände seien auch der langen Dauer geschuldet, in der die Menschen dort untergebracht würden. Trotz aller Schwierigkeiten, "Frustration sei überraschenderweise unter den Helfenden in Schwäbisch Hall nicht eingetreten", so Siebert.
Frauen haben schlechtere Chancen
Bei der Integration ist die Sprache das A und O, da sind sich Hilker und Siebert einig. Da sich meistens die Frauen um die Kinder kümmern und die Familien kinderreicher sind, haben sie kaum Chancen, an Sprachkursen teilzunehmen, zu arbeiten oder soziale Kontakte nach außen zu knüpfen.

Siebert: "Wir müssen die Anforderungen senken"
Hartmut Siebert sagt: "Wir können uns nicht abschotten, wir müssen andere Wege finden und auch auf manches verzichten." Er schlägt vor, die Anforderungen in Prüfungen beispielsweise im Handwerk auf notwendige Dinge zu senken. Oder geringer qualifizierte Ausbildungsgänge zu schaffen, die einen Einstieg in den Beruf ermöglichen. Zur Wahrheit gehöre, Integration brauche Zeit, sie dauere vier, fünf, sechs Jahre.
Norwin Hilker wünscht sich eine andere Politik, die sich mehr auf Menschen mit Bleibeperspektive konzentriert und abgelehnte Asylbewerber konsequenter abschiebt. Zum Beispiel mithilfe von Rücknahmeabkommen.