Das Oberlandesgericht (OLG) befasst sich seit Mittwoch mit der Klage einer Friseurin, die laut Deutscher Presseagentur (DPA) aus Güglingen (Landkreis Heilbronn) kommt.
Sie möchte sich die zeitweilige Stilllegung ihres Salons nicht gefallen lassen und verklagt das Land Baden-Württemberg auf Entschädigung. Sie fordert laut Gericht 8.000 Euro für die Betriebsschließung im Frühjahrs-Lockdown 2020.
Vor dem OLG Stuttgart wird nun entschieden, ob die coronabedingten Betriebsschließungen erforderlich waren. In der ersten Runde vor dem Landgericht Heilbronn hatte die Frau keinen Erfolg.
So argumentiert das Oberlandesgericht
Nach dem ersten Verhandlungstag wurde deutlich, dass die Klägerin auch vor dem OLG wenig Hoffnung auf Erfolg haben dürfte.
Das Gericht argumentierte so ähnlich wie zuvor auch schon das Landgericht: Zwar sehe das Infektionsschutzgesetz Entschädigungen vor, wenn durch gesundheitliche Maßnahmen berufliche Existenzen bedroht sind.
Die Regelung richte sich aber keineswegs an ganze Branchen, sondern vor allem an Erkrankte oder Menschen, die sich als Kontaktpersonen angesteckt haben und in Quarantäne müssen. Entschädigungen in solchen Fällen sollten vor allem dazu motivieren, die Menge vor Virusträgern zu schützen, so die Richter.
Bei der flächendeckenden Schließung per Lockdown sei es aber generell darum gegangen, Kontakte zu reduzieren. Zudem habe die Frau kein Sonderopfer gebracht, sie sei kein Einzelfall gewesen.
Außerdem habe die Klägerin nicht ausreichend belegt, dass die zeitweise Schließung des Friseurladens für sie existenzbedrohend gewesen sei, da sie unter anderem zwischenzeitlich Soforthilfe vom Land erhalten habe und im Mai wieder öffnen konnte.
"Soforthilfe war gut gemeint, aber nicht gut gemacht"
Der Anwalt der Klägerin hatte wiederum die Soforthilfe kritisiert, für die vor allem die Ausgaben kleinerer Unternehmen nicht ausreichend berücksichtigen würden.
Es sei eine gut gemeinte, aber nicht gut gemachte Hilfe des Staates. Der Anwalt forderte einen einheitlichen Rechtsanspruch für Betroffene.

Klagewelle droht
Laut Gericht ist die Klage der Friseurin die erste in einer langen Reihe vergleichbarer Verfahren.
Geklagt hatten unter anderem die Betreiber eines Yogastudios und eines Campingplatzes.
Friseure können nicht auf Lieferservice umsteigen
Die Handwerkskammer Heilbronn-Franken verweist darauf, dass viele Friseurinnen und Friseure bis heute unter dem Umsatzrückgang durch die Pandemie litten. Nicht nur die Betriebsschließungen hätten den Betrieben zu schaffen gemacht, sondern auch die Angst der Menschen, sich anzustecken. Viele würden sich die Haare selbst schneiden und seien den Salons als Kunden verloren gegangen.
Außerdem konnten Friseurbetriebe nicht wie viele andere Geschäftsbereiche auf Pandemie-Alternativen, wie beispielsweise einen Lieferservice, umsteigen. Die Einnahmen sind komplett weggebrochen.
Auch eine Friseurin in Öhringen (Hohenlohekreis), die nicht an dem Gerichtsverfahren vor dem Oberlandesgericht beteiligt ist, kennt die Schwierigkeiten von Friseurinnen und Friseuren in der Pandemie. Davon berichtet sie im Video.
Generelles Problem: Soforthilfen müssen zum Teil zurückgezahlt werden
Hinzu kommen Schwierigkeiten, die manche Betriebe nun mit Rückzahlungsforderungen der Corona-Soforthilfe haben. Während des Lockdowns konnten sich Firmen schnell und unbürokratisch Hilfe holen. Doch jetzt stehen komplizierte Abrechnungen und Rückzahlungen an. Wer zu viel ausgezahlte Soforthilfen nicht zurückbezahlt, begeht Subventionsbetrug.
Für kleinere Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitenden gab es damals bis zu 9.000 Euro für einen Zeitraum von drei Monaten. Eine zunächst unbürokratische und schnelle Hilfe, über die viele dankbar waren, so die Sprecherin der Handwerkskammer Heilbronn-Franken. Dennoch seien die Hilfen im Nachhinein ein zweischneidiges Schwert gewesen, da nun komplizierte Abrechnungsverfahren und teils hohe Rückzahlungen die nach wie vor gebeutelten Unternehmen belasten.

IHK Heilbronn: Viele Kleinunternehmer ohne Steuerberater
Laut der Handwerkskammer Heilbronn-Franken hätten viele Kleinunternehmerinnen und -unternehmer keinen Steuerberater, der sich um die teils komplexen Anträge und Abrechnungen solcher Soforthilfen kümmert. So sei es bei vielen Selbstständigen auch dazu gekommen, dass sie aus Angst vor Fehlern erst gar keinen Antrag gestellt haben.