In mehreren Städten und Kreisen im Land Baden-Württemberg hat die Inzidenz die 1.000er Marke überschritten - eine davon war zeitweise Heilbronn. Wie es weiter geht in der derzeitigen Corona-Lage, wurde in den Bund-Länder-Gesprächen am Montag diskutiert.
Neue Impfkampagne gegen Coronavirus soll mehr Menschen erreichen
Die Regierung setzt auf jeden Fall auf die Impfungen: Dazu hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für diese Woche den Start einer neuen Corona-Impfkampagne angekündigt. "Kreativer" und in mehreren Sprachen soll sie sein, um noch einmal mehr Menschen anzusprechen und sie zum Pieks gegen Corona zu bewegen. Neben Älteren, Familien und jungen Männern auf dem Land sollen auch Menschen mit Migrationshintergrund gezielt angesprochen werden.
Für Sevinc Das vom Netzwerk der Kulturen in Heilbronn ist das kaum nachvollziehbar. Die Impfskepsis habe wenig mit der Sprache oder Kultur zu tun. Schließlich seien auch Menschen mit Migrationshintergrund und Sprachbarrieren in ihren Netzwerken unterwegs und informieren sich über ihre Kanäle. So würden sich auch Heilbronner, die beispielsweise nur türkisch sprechen, über die Impfungen und die Corona-Lage in Deutschland auf dem Laufenden halten. Auch im eigenen Kulturkreis tausche man sich stets aus. Ob die angekündigte Kampagne also wirklich Sinn mache, sei fraglich.
"Jeder muss in den letzten zwei Jahren mitbekommen haben, wo uns die Corona-Geschichte hingebracht hat, dass wir heute geimpft werden können, ohne Probleme. Und wenn die Leute sich impfen lassen wollen, wurde - denke ich - schon jeder erreicht."
Problemlose Zusammenarbeit von Stadt und Verbänden in Heilbronn
Auch viele Menschen, die erst seit kurzem in Deutschland leben, kämen aus Ländern, in denen das Impfen eine Selbstverständlichkeit sei. "Sie machen sich da nicht so viele Gedanken", sagt Das. Man lasse sich beispielsweise auch impfen, um problemlos das Heimatland und die Familie wieder besuchen zu können.
Sevinc Das ist Vorstandsmitglied beim Netzwerk der Kulturen, im türkischen Frauenverein, Elternmultiplikatorin in der Stabsstelle für Integration und Partizipation und im Integrationsbeirat in Heilbronn. Ihr liegen die Themen Integration und Partizipation am Herzen, wie sie sagt. Es sei viel Arbeit, dass alle Menschen auf Augenhöhe miteinander Reden könnten. Und: Sie bescheinigt der Stadt Heilbronn eine sehr gute Zusammenarbeit mit den verschiedenen Verbänden, auch in der Corona-Krise. Die Stabsstelle habe die Informationen rund um das Coronavirus von Anfang an in mehreren Sprachen übersetzt weitergreicht - und zwar an alle Netzwerke, an Vereine, Verbände, Institutionen und anderen Integrationsstellen, die Menschen mit Migrationshintergrund erreichen. Deshalb gebe es in Heilbronn mit den Informationen rund um die Corona-Pandemie und die Impfungen kaum Probleme, sagt Das.
Impfskepsis bei allen Menschen - egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund
Dass sich noch nicht jeder für eine Impfung entschieden habe, könne auch an dem "Druck" liegen, den die Regierung erzeugt habe. Und die Unsicherheit, die damit einhergehe. Das höre Sevinc Das von vielen Menschen - egal, ob mit oder ohne Migrationsgeschichte. "Erst hieß es eine Impfung, dann kam die zweite, jetzt heißt es alle drei Monate Boostern." Die Gesellschaft sei in einer Zwickmühle und einige Menschen würden sich möglicherweise schon aus Prinzip nicht mehr impfen lassen, da sie nicht mehr an den Impfstoff glaubten. Vielleicht, so Das weiter, sollten sich die Minister erst einmal Gedanken darüber machen, woher diese Zweifel kämen, statt eine weitere Impfkampagne aufzulegen. Vielleicht helfe auch der Blick auf andere Länder, sagt sie.
Am Wochenende gab es auch konkrete Anhaltspunkte, wie eine Impfpflicht aussehen könnte. Hierbei befürwortet zum Beispiel die Virologin Melanie Brinkmann eine Impfpflicht gegen Corona für Menschen ab 50. Ein Grund: Auch sie ist "skeptisch, ob wir mit anderen Maßnahmen wie Impfkampagnen und Aufklärung allein die Impflücke so schließen können, dass wir in ruhige Fahrwasser kommen", sagte Brinkmann der "Rheinischen Post" (Sonntagsausgabe).