Auf den ersten Blick sieht die Anlage, die gerade auf einer 4,5 Hektar großen Fläche auf der Gemarkung von Schwaigern gebaut wird, wie eine große Industriehalle aus: Stahlträger, ein riesiges Hallendach, dazu dicke Betonwände. Auf den zweiten Blick - den in die Akten - wird allerdings klar: Das hier ist rechtlich gesehen ein Gartenbaubetrieb. Und genau daran stößt sich der BUND.
"Das hat mit einem Gartenbaubetrieb nichts zu tun", sagt BUND-Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer bei einem Termin vor Ort. Dass der Betreiber, das niedersächsische Unternehmen Pilzland, plane, mit der Anlage ein Viertel des baden-württembergischen Bedarfs an Champignons zu decken, zeige, dass die Anlage nichts mit Gartenbau oder Landwirtschaft zu tun hat.
Pilzland: "Flächenversiegelung ja, aber hochgradig effizienter Anbau"
Das Unternehmen Pilzland bestreitet nicht, das auf der Anlage sehr viele Pilze gezüchtet werden sollen - in der ersten Phase fast 50 Tonnen pro Woche. Dass dafür auch Flächen auf der Gemarkung versiegelt werden müssen, sei auch unstrittig, sagt Torben Kruse, der bei Pilzland für die neue Anlage zuständig ist.
Ein weiteres Argument sind für Kruse die Transportkosten. Ein Großteil der Pilze, die in Baden-Württemberg verbraucht werden, wachse derzeit in Polen und müsse erst hierher gefahren werden. Dieser Transport falle in Zukunft weg. Zwar müsse weiterhin das Substrat, auf dem die Pilze wachsen, aus speziellen Produktionsanlagen nach Schwaigern gefahren werden - das verringere den Transportverkehr aber schon deutlich. Außerdem sei die Anlage durch eine angeschlossene Biogas-Anlage CO2-neutral.
BUND fordert Änderung des betreffenden Baurechts-Paragraphen
Argumente, die den BUND nicht überzeugen. Mit dem Großbetrieb einer niedersächsischen Firma verhindere man, dass heimische Produzenten in den Markt einsteigen könnten, etwa Betriebe, die von Schweine- auf Pilzzucht umsteigen wollen.
Hier müsse die Gesetzeslage geändert werden. Der betreffende Paragraph im Baurecht lasse es aktuell zu, dass auch Großbetriebe wie das betreffende Unternehmen als Gartenbau- oder Landwirtschaftsbetriebe gelten. Sie dürfen dann auch außerhalb der Stadtgrenze bauen, zahlen keine Gewerbesteuer. Der Paragraph nenne zwar so genannte "Abwägungsgründe", erklärt Martin Bachhofer vom BUND, etwa die Zerstörung des Landschaftsbildes oder Umweltschutzgründe.
Doch das zuständige Landratsamt Heilbronn hatte keine Einwände. Öffentliche Belange haben dem Vorhaben nicht entgegengestanden, teilt man schriftlich mit.
Bundestagsabgeordneter: Paragraph noch einmal genau prüfen
An der Anlage in Schwaigern ist nicht mehr zu rütteln. Doch Hoffnung, was eine strengere Gesetzgebung für zukünftige Anlagen betrifft, bekommt der BUND vom Grünen-Bundestagsabgeordneten Harald Ebner aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall-Hohenlohe. Auch er hat sich die Baustelle am Dienstag angeschaut. Sein Fazit: Diese Zuchtanlage sei ein "Industriebetrieb" - wenn auch rechtlich alles in Ordnung sei. Ebner sagt, man müsse den betreffenden Paragraphen noch einmal genau prüfen und gegebenenfalls anpassen.
Welche Landwirtschaft wollen wir?
Am Ende steht die entscheidende Frage: Welche Landwirtschaft wollen wir? Den bäuerlichen Familienbetrieb, wie der BUND ihn fordert, in der Region verwurzelt und mit kleinen Produktionsmengen? Oder große Betriebe wie die Pilzzuchtanlage in Schwaigern?
Das sei letztlich auch eine Frage der Nachfrage, gibt Landwirt Adalbert Brian zu bedenken. Brian soll mit seiner Biogasanlage in direkter Nachbarschaft die Pilzzuchtanlage mit Energie versorgen und ist auch direkt am Bau beteiligt. In der öffentlichen Meinung wollten alle den klassischen bäuerlichen Familienbetrieb mit drei Kühen, drei Schweinen, drei Hähnen, sagt Brian. Aber am Supermarktregal entschieden sich die Leute dann doch für etwas anderes.
Mit der Argumentation, dass der Zuchtbetrieb in Schwaigern verglichen mit der Massenware aus Polen nur das "kleinere Übel" ist, will sich der BUND aber nicht abfinden. Er will weiter auf die kleinen Betriebe aus der Region setzen.