Im schicken Kölner Rheinauhafen hat Christian Berner sein Büro. Von seinem Schreibtisch aus kann er den Kölner Dom und den Rhein sehen. Im Jahr 2015 hatte Berner den neuen Holding-Standort eröffnet, als strategischen Sitz. Die Entscheidung für Köln hatte damals in der Region Heilbronn-Franken für Diskussionen gesorgt. Von "Abwanderung" oder gar "Abkehr" war die Rede.
Der junge Vorstand hatte den Schritt damals damit begründet, es sei in Künzelsau schwierig und dauere schlicht zu lange, um an ausreichend Fachkräfte zu kommen. Diese sollen die digitale Transformation der Berner Group mit rund 8.200 Mitarbeitenden in über 25 Ländern vorantreiben können. Im exklusiven Gespräch mit dem SWR Studio Heilbronn zieht Christian Berner, der mittlerweile Alleineigentümer des Familienunternehmens mit einem Umsatz von rund 1,1 Milliarden Euro ist, ein positives Fazit.
Mit rund 70 Mitarbeitenden ging es in Köln los, inzwischen sind es dort fast 150. Aber auch in Künzelsau, darauf legt Christian Berner großen Wert, habe die Holding noch ein Standbein mit aktuell jetzt 127 Mitarbeitenden. Vor dem Teilumzug seien es dort 110 Beschäftigte gewesen. "Man sieht in Köln ein extremes Wachstum, aber auch in Künzelsau", so der Firmenchef.
Dass seine Entscheidung für Köln in Heilbronn-Franken kritisch diskutiert wurde, damit hat er gerechnet. Er habe damals auch Stimmen gehört wie "dann mache halt mal dein Digitallabor da in Köln".
Die Entscheidung für Köln hatte Christian Berner bewusst und sorgfältig getroffen, auch andere Städte waren zuvor in der Prüfung. Für die Rheinmetropole sprach letztlich die zentrale Lage, eine gute Verkehrsinfrastruktur, die Nähe zu Flughäfen und die Bildungslandschaft.
Gestörte Lieferketten machen aktuell Probleme
Aktuell machen dem europäischen Handelsunternehmen, das mit Materialien für den Bau-, Mobilitäts- und Industriesektor handelt, die gestörten Lieferketten enorm zu schaffen. Vor Chinas Häfen etwa würden nach wie vor viele Schiffe festliegen, betont der Unternehmer.
eCommerce-Umsatz deutlich gestiegen
Dennoch kann Berner für das abgelaufene Geschäftsjahr 2021/22 sehr gute Zahlen verkünden. Der Umsatz erreichte eine neue Höchstmarke. Er liegt mit 1,119 Milliarden Euro um 7,8 Prozent über dem Vorjahr. Überproportionale Wachstumsraten habe es im Handelsgeschäft in den Segmenten Automotive und Bau gegeben. Der eCommerce-Umsatz habe um rund 28 Prozent auf mehr als 150 Millionen Euro zugelegt.
Die Berner Group sei auch erfolgreich in das neue Geschäftsjahr gestartet. Im Bausektor wachse Berner allerdings nur halb so schnell wie im Automotive-Bereich. Die steigenden Bauzinsen und deutlichen Preissteigerungen für Baustoffe blieben nicht ohne Folgen auf die Nachfrage, so Christian Berner.
Deutscher Mittelstand im globalen Wettbewerb
Intern sage er schon seit vier Jahren den Mitarbeitern, so der Familienunternehmer, dass man sich im Wirtschaftskrieg befinde. Diese Formulierung könne zwar von manchen auch falsch verstanden werden, aber Fakt sei, dass der Mittelstand im globalen Wettbewerb bestehen und überleben müsse.
Amerikaner und Chinesen würden versuchen, Europa den Wohlstand wegzunehmen. Gerade die Familienunternehmer hätten die Mission, darum zu kämpfen, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort in Zukunft überhaupt noch eine Bedeutung habe.
Beim digitalen Umbau des Unternehmens sieht sich der Unternehmer auf einem sehr guten Weg. Wer digital einkaufen wolle, könne das bei Berner tun. Eine wichtige Rolle werde aber auch weiterhin der Außendienst spielen und damit der direkte persönliche Kontakt.
Die Berner Group habe die Corona-Krise bislang gut durchgestanden. "Wir haben genügend Cash", so Christian Berner. Zum Ergebnis macht das Unternehmen traditionell keine Angaben.
Investitionen in der Region
Auch in der Region Heilbronn-Franken würden aktuell Investitionen geplant. So denke man etwa an Erweiterungen in Künzelsau. Mehr könne er dazu aber nicht sagen, so der zweifache Familienvater. Auch der Standort der BTI Befestigungstechnik in Ingelfingen (Hohenlohekreis), die zur Berner-Gruppe gehört, habe viel Zukunft. Zuletzt sei etwa massiv in die BTI-Logistik investiert worden.
Höchster Halbjahresumsatz seit Bestehen
Wirtschaftlich läuft es für die Berner Group trotz der Kriegs- und Coronafolgen rund. Im ersten Geschäftshalbjahr 2021 von April bis September steigerte Berner den Gruppenumsatz um 10,2 Prozent auf 554 Millionen Euro. Damit erreichte das Familienunternehmen den höchsten Halbjahresumsatz seiner Geschichte. Die größten Zuwächse erzielte die Berner Group im e-commerce-Verkaufskanal mit einem Plus von 44 Prozent.
Mit Ende 20 an die Firmenspitze
In diesem Jahr ist Christian Berner bereits seit zehn Jahren Chef des Unternehmens. 2012 hatte er mit gerade einmal 28 Jahren als CEO die Führung der Berner Group übernommen. Die vergangenen Jahre seien für ihn schon ein "wilder Ritt" gewesen.
Auf dem Regal hinter seinem Schreibtisch in Köln steht auch ein Bild in schwarz-weiß von seinem Vater Albert Berner, der das Unternehmen aufgebaut hat und jetzt 86 Jahre alt ist. Man sieht ihn darauf in jungen Jahren am Schreibtisch in Künzelsau sitzen.
Das Bild habe für ihn eine hohe Symbolkraft, so Christian Berner. Sein Vater habe aus dem Nichts mit vielen Herausforderungen die Firma aufgebaut. Er stehe als nächste Generation vor anderen Herausforderungen, die er ebenfalls meistern müsse, auch das verbinde Vater und Sohn.