Die Stadt Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) hat noch keine Entscheidung getroffen, ob sie gegen einen Beschluss des Stuttgarter Verwaltungsgerichts Beschwerde eingelegt wird.
Das Gericht hält das von der Stadt ausgesprochene grundsätzliche Verbot von unangemeldeten Versammlungen gegen die Corona-Politik für unrechtmäßig.
Oberbürgermeister kann Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht nachvollziehen
Die Stadt respektiere die Entscheidung, so Oberbürgermeister Udo Glatthaar (CDU) in einer Mitteilung. Die Entscheidung könne aber inhaltlich nicht nachvollzogen werden.
"Fast wortgleiche Allgemeinverfügungen sind in anderen Städten – beispielsweise in Karlsruhe – gerichtlich bestätigt worden. Das zeigt, dass die Rechtsauffassung der Gerichte an dieser Stelle differiert", schreibt Glatthaar in einer Mitteilung.

OB: Versammlungsfreiheit nicht unterlaufen
Glatthaar sei nach wie vor der Überzeugung, dass die Stadt die Versammlungsfreiheit mit ihrer Verfügung in keiner Weise unterlaufen habe. Angemeldete Demonstrationen unter Einhaltung der Auflagen seien in Bad Mergentheim jederzeit möglich.
Bei den als "Spaziergängen" deklarierten Protesten sei dagegen mehrfach beobachtet worden, dass beispielsweise Hygieneregeln eben nicht beachtet worden seien. "Das war mir ein Anlass, diese Allgemeinverfügung zu erlassen", schreibt Glatthaar.

"Ich weise (...) darauf hin, dass diese vermeintlich harmlosen Spaziergänge strategisch gesteuert werden, sowohl was Zeit und Ort der Treffpunkte als auch den Ablauf betrifft (...) Dahinter steht eine Zermürbungstaktik gegenüber unserem Rechtsstaat."
Bad Mergentheim erwägt Beschwerde gegen Urteil
Die Stadt hat bis Mitte kommender Woche Zeit, die Entscheidung zu treffen, ob sie Beschwerde einlegt.
Die Stadt sei dazu in einem intensiven Austausch mit Behörden, anderen Kommunen und dem baden-württembergischen Städtetag, heißt es in der Mitteilung. "Gemeinsam prüfen wir den Sachverhalt noch einmal juristisch", schreibt Glatthaar.
Die Vorgeschichte
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte vergangene Woche dem Widerspruch eines Bürgers gegen das grundsätzliche Verbot von nicht angemeldeten Versammlungen gegen die Corona-Politik in Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) stattgegeben. Der Eilantrag des Bürgers hatte damit Erfolg.
Verbot nur bei polizeilichem Notstand zulässig
Bad Mergentheim hatte laut Gericht mit einer Allgemeinverfügung vom 21. Dezember 2021 alle mit generellen Aufrufen zu sogenannten "Montagsspaziergängen" oder "Spaziergängen" in Zusammenhang stehenden, nicht angezeigten und nicht behördlich bestätigten Versammlungen und Ersatzversammlungen im Stadtgebiet unabhängig vom Wochentag untersagt.
Das Gericht erklärte sinngemäß, dass die Stadt kein pauschales vorsorgliches Verbot solcher Versammlungen aussprechen könne, weil das präventive Versammlungsverbot nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Versammlungsfreiheit genüge. Dies gelte auch für nicht angemeldete Versammlungen gegen die Corona-Politik.
Verbot nur unter bestimmten Bedingungen zulässig
Ein vorsorgliches Verbot sämtlicher unangemeldeter Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen wäre deshalb nur unter der Voraussetzung des polizeilichen Notstands zulässig, so das Gericht. Dies habe die Stadt Bad Mergentheim aber so nicht begründet.
Und auch beim Schutz vor möglichen Gesundheitsgefahren durch die Verbreitung von COVID-19 fehle es in der Verfügung der Stadt an einer tragfähigen Gefahrenprognose für das Stadtgebiet von Bad Mergentheim, so das Gericht. Die Verwaltung habe sich auch zu wenig mit milderen Mitteln als dem Versammlungsverbot auseinandergesetzt, etwa einer Verpflichtung zum Tragen von Masken bei sämtlichen Versammlungen im Stadtgebiet, auch unangemeldeten.
Versammlungen
Am Montagabend hat es in Heilbronn-Franken wieder an mehreren Orten Demonstrationen und teilweise auch Gegendemonstrationen gegeben. In Brackenheim gingen 1.900 Menschen auf die Straße, dort war die Demonstration allerdings angemeldet.