Letzter Prozesstag am Landgericht Heilbronn um ein ausgesetztes Baby in Schwäbisch Hall (Foto: SWR)

Urteil am Landgericht Heilbronn

Haftstrafe: Mutter wegen Aussetzung ihres Babys verurteilt

Stand

Im Prozess um einen in Schwäbisch Hall ausgesetzten Säugling wurde die angeklagte Mutter zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Drei Jahre Haft, weil sie ihren wenige Tage alten Säugling im Herbst vergangenen Jahres in einer Wanne an einem Waldrand ausgesetzt hat - so lautet das Urteil am Landgericht Heilbronn. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und drei Monate Haft wegen versuchten Totschlags gefordert, die Verteidigung eine Bewährungsstrafe.

Weinend und laut schluchzend nahm die 22-jährige Mutter das Urteil auf. Sie darf die Justizvollzugsanstalt (JVA) in Schwäbisch Gmünd allerdings verlassen, wo sie seit Oktober vergangenen Jahres saß, und selbst entscheiden, wie sie die Reststrafe verbüßen wird. Der Vollzug solle so gestaltet werden, dass er dem Rechtsstaat aber auch den beiden Kindern der Frau gerecht werde, so das Gericht.

"Sie haben Ihr Kind im Stich gelassen."

"Sie haben Ihr Kind im Stich gelassen", sagte der Richter bei der Urteilsverkündung. "Sie werden Ihren Kindern eines Tages erklären müssen, wie es dazu kam und zu Ihrer Schuld stehen."

Das Gericht zeigte sich in der Urteilsbegründung erstaunt, dass die Frau nach dem Aussetzen des Kindes zunächst einfach weitergelebt und gehandelt habe, als wäre nichts passiert. Erst später kamen Gewissensbisse und sie habe sich eine Version im Kopf zurechtgelegt, mit der sie leben konnte, die aber nicht der Wahrheit entsprach. Die Ermittlungen der Polizei haben einige Punkte klar widerlegt. Die 22-jährige Angeklagte hatte sich fünf Wochen nach der Tat bei der Polizei gemeldet und zugegeben, ihren Sohn ausgesetzt zu haben.

Angeklagte verdeckt im Gericht ihr Gesicht mit einem Aktenordner (Foto: SWR)
Im September 2021 hatte die Angeklagte ihren wenigen Tage alten Sohn am Stadtrand von Schwäbisch Hall ausgesetzt.

Zudem geht das Gericht davon aus, dass die junge Frau gehofft habe und davon ausgegangen sei, dass das Kind am Waldweg rechtzeitig gefunden werde. Doch die Risiken für den kleinen Jungen waren groß und das Kind konnte vom Weg aus nicht gesehen werden, so der Richter - es hätte bessere Plätze gegeben. Hätte sie die Wanne mit dem Baby weiter hinten am Weg abgestellt, wäre es ein klarer Tötungsvorsatz für das Gericht gewesen.

Vorwurf entkräftet: Mutter gab dem Kind keine Kuhmilch

Eine Passantin hatte das Kind am Rand eines Waldes in Schwäbisch Hall-Hessental gefunden und ins Krankenhaus gebracht. Der Junge hat überlebt.

Der Vorwurf, dass Mutter dem Säugling Kuhmilch gegeben haben soll, was bei dem Kind zu inneren Blutungen führte, wurde entkräftet. Laut Gericht war es ein Gemisch aus Aptamil und stillem Wasser. Laut einem Gutachten waren Stress, Vitamin-K-Mangel und eine Entzündung des Nabels wohl ursächlich für den lebensbedrohlichen Zustand des Kindes. Laut damaligem Polizeibericht konnte das Baby durch schnelles Auffinden und die rasche Behandlung in einer Klinik gerettet werden.

Bei der Urteilsbegründung sagte der Richter, er hoffe, dass der kleine Junge, der sich bislang unauffällig entwickelt habe, keine psychischen Spätfolgen davontrage.

Junge Mutter war wohl überrascht von der Geburt

Die 22-Jährige soll das Baby als Sturzgeburt zur Welt gebracht haben. Sie habe nicht gewusst, dass sie schwanger war und sei verzweifelt gewesen, so die Angeklagte. Weil sie schon mit 15 Mutter eines Kindes geworden war, wollte sie laut eigener Aussage ihren Eltern nicht noch mehr zumuten.

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SWR