GKN Neckarwestheim (Foto: EnBW)

Nach fast 50 Jahren

Ende der Atomkraft-Ära in BW: AKW Neckarwestheim offiziell vom Netz

Stand
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Nicole Heidrich

Am Samstag ist das letzte Atomkraftwerk in Baden-Württemberg vom Netz gegangen. Das hat die EnBW bestätigt. Befürworter sehen in dem Ausstieg einen Fehler, Kernkraftgegner feiern.

Nach gut sechs Jahrzehnten Atomenergie in Deutschland sind am Samstag die drei letzten Meiler abgeschaltet worden, darunter Neckarwestheim 2 im Kreis Heilbronn.

"Der Abschaltvorgang verlief technisch wie geplant und ohne Besonderheiten."

Das Atomkraftwerk Neckarwestheim sei am Samstag um 23:59 Uhr vom Netz gegangen, teilte Betreiberin Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit. Der Abschaltvorgang sei technisch wie geplant verlaufen. Neckarwestheim 2 war demnach der bundesweit letzte Reaktor am Netz. Zuvor hatten am Samstag laut Betreibern auch die Atomkraftwerke Emsland in Niedersachsen und Isar 2 in Bayern die Produktion eingestellt.

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Im Streckbetrieb 1,9 Milliarden Kilowattstunden Strom hergestellt

Über 45 Jahre lang lieferte das Gemeinschaftskernkraftwerk (GKN) Neckarwestheim Strom. Der Meiler habe in diesem Jahr noch mehr als 1,9 Milliarden Kilowattstunden Strom produziert, so die EnBW in der Nacht zum Sonntag. Bislang war von mehr als 1,7 Milliarden Kilowattstunden Strom die Rede gewesen. Mit einer Kilowattstunde Strom kann man zum Beispiel eine Stunde staubsaugen. Der Ausstieg aus der Atomkraft war wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine und der Energiekrise noch einmal bis in den April hinausgezögert worden. Nun endete auch der Streckbetrieb.

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Kritik am Atomausstieg, Kernkraftgegner feiern

Dennoch mehrten sich gerade in der zurückliegenden Woche wieder Stimmen, die den Atomausstieg kritisieren - allen voran Politikerinnen und Politiker und Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter. Sie warnen größtenteils vor einer Kostenbelastung durch zu hohe Energiepreise und befürchten Folgen für die Versorgungssicherheit.

Atomkraftgegnerinnen und -gegner hingegen feierten am Samstagnachmittag ein großes Fest rund um das Atomkraftwerk. Dort waren sie bereits in der Vergangenheit häufiger bei Protesten gegen die Kernenergie unterwegs. Rund 500 Menschen waren laut "Bündnis endlich-abschalten Neckarwestheim" zur Abschaltparty gekommen. Die Polizei bestätigte die Teilnehmerzahl.

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Umweltministerin begrüßt Aus für Atomkraft

Die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) begrüßte das Ende für die Atomkraft. Der Ausstieg sei richtig, da die Stromproduktion aus Atomkraft sehr teuer und eine risikoreiche Technologie sei, sagte die Ministerin dem SWR. Zudem gebe es mit den erneuerbaren Energien eine sichere und auch viel kostengünstigere Alternative.

Neckarwestheimer geteilter Meinung über die Abschaltung

In der Gemeinde selbst sind die Meinungen geteilt: Bei einigen Bürgerinnen und Bürgern kam so etwas wie Wehmut auf, fast ein halbes Jahrhundert gehörte das AKW hier schließlich zum Alltag. Viele hier vor Ort sind mit dem Kraftwerk aufgewachsen. Anderen ist die Abschaltung egal, manch einer oder eine findet das Ende der Atomkraft in Zeiten der Energiekrise falsch, so der Tenor bei einer nicht-repräsentativen Umfrage am Samstagmittag in Neckarwestheim. Und durch wegfallende Gewerbesteuern könne es für die Stadt Einbußen bedeuten, so ein Anwohner. Und auch die Sorge, was mit dem radioaktiven Abfall passiert, ist in den Köpfen der Menschen vor Ort. Bis auf Weiteres ist Neckarwestheim noch Zwischenlager.

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Rückbau beginnt noch dieses Jahr

Mit dem Abschalten ist auch für die Betreiberin Energie Baden-Württemberg (EnBW) nach einem halben Jahrhundert Schluss mit der Atomkraft. Noch dieses Jahr beginnt der Rückbau, die Genehmigung ist bereits erteilt. Schon kurz nach dem Abfahren der Anlage wird der Reaktor geöffnet, die Reaktorgrube geflutet und die Brennelemente des Reaktorkerns im Abklingbecken gelagert. Dort werden die Brennelemente noch Jahre abkühlen müssen, bevor sie dann in Castorbehältern verschlossen werden.

Für Jörg Michels, Geschäftsführer der EnBW Kernkraft GmbH, war es ein besonderer Tag, wie er dem SWR sagte. Zum letzten Mal wurde das Kernkraftwerk heruntergefahren. Für den Rückbau gebe es einen "Masterplan". "Wir haben auch für GKN 2 die Genehmigung für den kompletten Rückbau bereits erhalten. Damit sind wir der einzige Betreiber bundesweit, der für alle seine Anlagen einen Rückbau von Anfang bis Ende komplett genehmigt hat", so Michels. Den Rückbau werde die EnBW nach der Abschaltung auch "konsequent vollziehen".

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Neckarwestheim vorerst noch Zwischenlager

Am Zwischenlager Neckarwestheim bleiben die Brennelemente dann, bis ein sicheres Endlager in Deutschland gefunden wird. Eine Genehmigung als Zwischenlager liegt bis 2046 vor, so Neckarwestheims Bürgermeister Jochen Winkler (parteilos). Die EnBW rechnet damit, dass der Rückbau des Atommeilers Neckarwestheim 2 bis zu 15 Jahre dauern wird.

Das SWR Studio Heilbronn hat die Geschichte der Atomkraftgegner, die Auswirkungen der Abschaltung auf die Gemeinde Neckarwestheim und die Auswirkungen auf die Stromversorgung zusammengefasst:

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Nicole Heidrich