Mit Überhangmandaten und Ausgleichsmandaten umfasst der Deutsche Bundestag aktuell 138 Sitze mehr als für unseren demokratischen Apparat vorgesehen sind. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten in den Bundestag entsenden kann, als ihr gemäß der Anzahl der Zweitstimmen in einem Bundesland zustehen. Seit 2013 werden diese Überhangmandate durch zusätzliche Sitze, sogenannte Ausgleichsmandate, ausgeglichen.
Mehrere Anläufe, die Sitzanzahl zu begrenzen, sind in der Vergangenheit gescheitert. Die Ampel-Fraktionen im Bundestag wollen es nun mit einem neuen Reformvorschlag versuchen: Auf unter 600 Sitze begrenzen, indem Überhang- und Ausgleichsmandate abgeschafft werden.
Schwere Kritik aus Oppositions-CDU
Diesen Plan der Ampel-Fraktionen hält CDU-Bundestagsabgeordneter Christian von Stetten (CDU) aus dem Wahlkreis Schwäbisch Hall - Hohenlohe für "dumm", wie er dem SWR Studio Heilbronn sagte. Er beschäftige sich bereits seit sechs Jahren mit dem Thema.
"Da gibt es viele komplizierte Themen und Vorschläge, aber das ist jetzt wirklich eines, was ich mir nicht vorstellen kann, dass es in der Praxis umgesetzt werden kann."
Sollte der Vorschlag so umgesetzt werden, könnten direkt gewählte Volksvertreter nach ihrer Wahl wegen der Sitzplatzbegrenzung trotz Wahl nicht in den Bundestag kommen. Bürger könnten das nicht mittragen wollen, so von Stettens Vermutung. Eine Zusammenlegung von Wahlkreisen könne von Stetten sich vorstellen.
SPD: Bundestags-Reform ist "Vertrauensbildung"
Von SPD-ler Josip Juratovic kommt aus dem Wahlkreis Heilbronn Unterstützung für die Ampel-Pläne. Er hält die Wahlrechtsreform für sehr notwendig, um "Vertrauen zurückzugewinnen", wie er dem SWR sagte.
"Es geht in erster Linie um die parlamentarische Arbeit, die Demokratie und die demokratische Grundordnung. [...] Es hat weniger mit Interessen der einzelnen Parteien zu tun."
Durch die bisherige Regelung seien einzelne Parteien bevorzugt oder benachteiligt, das soll jetzt ausgeräumt werden, so Juratovic. Ihm sei wichtig, dass ein Prozess gefunden werde, der die Demokratie stärke - und nicht die einzelnen Parteien. Auch müsse bei der Wahlrechtsreform die demokratische Arbeit gesichert werden, persönliche Bedürfnisse von Abgeordneten müssten hinten anstehen.