Landwirtschaft und Energierzeugung im Einklang durch Agri-Photovoltaikanlagen.  (Foto: IMAGO, IMAGO / Jochen Tack)

Fotovoltaikanlage in Bad Friedrichshall eingeweiht

Beeren ernten und nebenbei Strom gewinnen

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Seit Jahren werden Beerenfelder am Staatlichen Obstversuchsgut Bad Friedrichshall-Heuchlingen überdacht, nun soll mit einer Fotovoltaikanlage gleichzeitig Strom erzeugt werden.

Am Staatlichen Obstversuchsgut Heuchlingen in Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn) hat Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Mittwochnachmittag eine Agrar-Fotovoltaikanlage eingeweiht. Bei der sogenannten Agri-PV geht es um den Betrieb von Solarmodulen über bewirtschafteten Ackerflächen. Das sind im Obstversuchsgut rund 1.700 Quadratmeter Beerenobst-Pflanzungen.

Zwei Fliegen mit einer Klappe?

Die Beeren werden auf dem Obstversuchsgut bereits seit vielen Jahren mit Folientunneln überdacht, um sie vor Schädlingen, direkter Sonneneinstrahlung und Nässe zu schützen. Dadurch wird die Produktion erhöht. Die Überdachungen eignen sich besonders gut für die Doppelnutzung zur Stromerzeugung und für den Obstanbau.

127.000 Kilowattstunden Strom möglich

In der staatlich finanzierten Anlage in Heuchlingen könnten so im Endausbau rund 127.000 Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Der Betrieb kann damit etwa die Hälfte seines Stromverbrauchs autonom decken.

Testlauf mit vielen Unbekannten

Ob sich das am Ende rechnet, muss nun getestet werden. Die Agri-PV-Anlage ist in der noch komplizierten Einzelanfertigung fünfmal so teuer, wie die übliche Folienüberdachung.

Auch ist noch unsicher, ob es durch die andere Beschattung der Pflanzen zu Ernteeinbußen kommen könnte. Die Folientunnel lassen etwa 70 bis 80 Prozent Lichteinfall zu, darunter können die Beeren gut wachsen. Bei der PV-Anlage sind nur 50 Prozent möglich - daher wurden für die spezielle Anlage in Heuchlingen Glasmodule eingestreut, um die Lichtdurchlässigkeit zu erhöhen.

"Das Sonnenlicht kann am Ende nur einmal verwendet werden. Entweder für die Pflanze, oder für die Stromerzeugung."

Komplizierte Genehmigungsverfahren

Weil die Agri-PV-Anlagen noch nicht standardmäßig hergestellt werden und eine in der Landwirtschaft neuartige Technologie darstellen, sind Genehmigungsverfahren kompliziert und langwierig.

"Bei den deutschlandweit 15 Pilotprojekten zu Agri-PV-Anlagen haben wir 12 unterschiedliche Genehmigungsverfahren durchlaufen"

Die Hoffnung des projektbegleitenden Fraunhofer Instituts: Künftig lassen sich womöglich auch die gängigen Folientunnel einfach zur PV-Anlage umrüsten, das wäre kostengünstiger und einfacher in der Genehmigung. Drei Jahre Planung gingen der Anlage in Heuchlingen voraus, nun muss über weitere Jahre hinweg beobachtet werden, wie sich Himbeeren, Blau- und Stachelbeeren aber auch Aprikosen unter den Solarpanels verhalten.

Sollte der Versuch, der neben Heuchlingen auch noch an vier weiteren Standorten in Baden-Württemberg läuft, erfolgreich und in die Praxis übertragbar sein, ließen sich gleich mehrere Vorteile erzielen: doppelte Nutzung von Flächen, umweltfreundliche Stromgewinnung aber auch Einsparung von Plastik. Die Folientunnel sind nur sieben Jahre haltbar, dann werden sie verbrannt. Die Agri-PV-Anlage dagegen hat laut Herstellern eine Nutzungsdauer von bis zu 30 Jahren.

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