Algen in der Jagst bei Kirchberg. (Foto: SWR)

Zu wenig Fischarten, zu warm und überdüngt

Acht Jahre nach dem großen Fischsterben: Jagst noch nicht gesund

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Harald Holz

Dienstagnacht jährt sich der Mühlenbrand in Kirchberg. Verunreinigtes Löschwasser floss damals in die Jagst, es verendeten tonnenweise Fische. Auch heute leidet der Fluss noch.

Acht Jahre nachdem bei einem Brand in Kirchberg-Lobenhausen (Kreis Schwäbisch Hall) verunreinigtes Löschwasser ein massives Fischsterben in der Jagst ausgelöst hat, lässt der ökologische Zustand des Flusses weiterhin zu wünschen übrig. Nur die Hälfte der Fischarten sind wieder vorhanden - und nach dem Unglück sind weitere Probleme dazugekommen.

Der Jagst geht es auch acht Jahre nach der Umweltkatastrophe schlechter als es für den Laien erscheinen mag. Auf den ersten Blick ist sie ein idyllischer Fluss. Doch unter Wasser ist die Fischvielfalt immer noch nicht wieder hergestellt. Nur 14 von 28 Arten sind wieder da. Hans-Hermann Maunz vom Fischereiverein Kirchberg an der Jagst wünscht sich, dass mehr Fischtreppen an den Wehren gebaut werden. Bisher sind zwölf Wehre umgebaut worden. Weitere müssten schnell folgen, ergänzt Bruno Fischer, Vorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) Kirchberg.

"Das ist ein Riesenproblem, da muss auch schnell einiges gemacht werden."

Umsiedlung von Fischen mit mäßigem Erfolg

Seit dem Jagstunglück, bei dem der Fischbestand von Lobenhausen aus auf 50 Kilometern massiv geschädigt worden ist und laut Regierungspräsidium Stuttgart auf 20 Kilometern nahezu gänzlich ausgelöscht wurde, gab es immer wieder Besatzaktionen. Fische aus anderen Gewässern wurden zum Laichen in die Jagst verfrachtet. Es wurden in dieser Woche zwar 14 Arten mit vielen kleinen Fischen gezählt, aber Raubfische wie Wels und Döbel fressen die Jungtiere weg. So kann sich keine gesunde Altersstruktur der Fischarten aufbauen.

"Die Räuber wie Döbel und Wels machen teilweise unsere Bemühungen zunichte."

Jagst bei Kirchberg. Bruno Fischer und Hans-Hermann Maunz (Foto: SWR)
Bruno Fischer vom Naturschutzbund und Hans-Hermann Maunz vom Fischereiverein Kirchberg vergleichen die Zahlen der jährlichen Fischerhebung in der Jagst.

Viele Probleme bleiben ungelöst

Von einem ökologisch einwandfreien Fließgewässer ist die Jagst weit entfernt. Dazu spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. Der Klimawandel sei hier spürbar, so Fischer vom NABU Kirchberg. Es gebe zu wenig und zu warmes Wasser. In dieser Woche wurden 23 Grad gemessen - da hören die Lachsfische auf zu fressen, die seien also wieder weg.

Dazu kommt, dass in der Jagst die Algen stark wachsen, weil zu viele Nährstoffe von den Feldern eingetragen werden. Manche Fischarten können nur an nackten Steinen laichen. Außerdem nimmt mit steigenden Temperaturen der Sauerstoffgehalt im Wasser ab. Und wenn die Algen verrotten, verbraucht das zusätzlichen Sauerstoff, den auch die Fische brauchen.

Jagst bei Kirchberg. Jagst mit starkem Bewuchs. (Foto: SWR)
Starker Algen- und Pflanzenwuchs durch Überdüngung der Jagst

Aktionsprogramm Jagst ist schon beendet

Nach dem Jagstunglück hat das Land Baden-Württemberg ein sogenanntes Jagstaktionsprogramm aufgelegt. 14 Millionen Euro waren im Topf zur ökologischen Wiederherstellung und Renaturierung des Flusses. Vier Millionen wurden nach Angaben des Regierungspräsidiums Stuttgart ausgegeben. Nun ist das Programm ausgelaufen.

"Ich glaube diese Renaturierungsmaßnahmen sind ein Tropfen auf den heißen Stein."

Es wurde viel gemacht: Zwölf Wehre wurden umgebaut und beispielsweise wurden in den Bereichen Mistlau, Kirchberg und Hessenau (alle Kreis Schwäbisch Hall) Altarme revitalisiert, Uferbefestigungen zurückgebaut und Strömungslenker, Kiesinseln und Totholz eingebaut. Die noch offenen Maßnahmen aus dem Aktionsprogramm würden im Rahmen der Bewirtschaftungszyklen durchgeführt. Welche das sind und wie lange das dauert, lässt das Regierungspräsidium offen. Bruno Fischer vom Naturschutzbund Kirchberg zweifelt daran, dass diese Renaturierungsbemühungen ausreichen.

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Harald Holz