Förderstunde an der Werkrealschule in Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen), die Handys dürfen den Unterricht nicht stören. Grundsätzlich müssen Smartphones vormittags von 8 bis 12:15 Uhr in die "Handy-Garage", gleich neben der Eingangstür zum Klassenzimmer. Nur in der Pause um 11:15 Uhr darf es kurz benutzt werden. Die Regelung haben sie an der Alleenschule in Kirchheim mit Eltern ausgehandelt. Richtig zufrieden damit sind Rektor und Lehrkräfte aber nicht. Bislang fehlt die rechtliche Grundlage für ein schärferes Handyverbot, das sie gerne hätten.
Handy-Glotzen auf dem Schulhof beschränkt Kontakte
In den Pausen geht Schulleiter Thorsten Bröckel über den Schulhof und ist besorgt, angesichts von Spielen und TikTok-Videos auf den Smartphones: "Im Rahmen der Freiheit haben wir keine Kontrolle, was die Kinder konsumieren." Bröckels Beobachtung: Kinder nutzen das Handy auf dem Schulhof immer häufiger und immer mehr. "Wir beobachten, dass die Kinder dadurch keine Kontakte haben mit ihren Mitschülern, dass sie die Pause nicht zum Rumrennen nutzen, sondern dann in der Ecke stehen und auf ihr Handy schauen."
Wie unterschiedlich die Regelungen an den einzelnen Schulen rund um die Nutzung von Handys sind, zeigen diese Beispiele aus Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis), Ulm und Blaustein (Alb-Donau-Kreis), über die SWR Aktuell zum Beginn des aktuellen Schuljahres berichtete:
Landesregierung verschärft Schulgesetz: Handy-Verbot möglich
Weil BW-Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) das ganz ähnlich sieht, will die Landesregierung jetzt handeln. Schulen können künftig offiziell ein Verbot für die private Nutzung von Handys erlassen. Die Regierung aus Grünen und CDU hat sich auf eine Verschärfung des Schulgesetzes verständigt, mit der eine rechtliche Grundlage für Verbote und andere Einschränkungen an Schulen geschaffen werden soll. Es soll aber den Schulen überlassen bleiben, wie sie den Umgang mit privaten Smartphones regeln. Allerdings will das Kultusministerium den Schulen klare Empfehlungen als Leitplanken geben.
Vor allem Grundschulen sollen nach dem Willen des Ministeriums von der Möglichkeit eines Verbots von Smartphones Gebrauch machen, aber auch weiterführende Schulen können dies tun. Die Schulen sollen ihre Regeln über die Schulordnung festlegen. Mit der Gesetzesänderung will die Landesregierung dafür sorgen, dass die Einschränkungen rechtlich unangreifbar sind. Bisher standen diese Regeln auf rechtlich tönernen Füßen, sollten Eltern dagegen klagen.
Wir brauchen eine regelnde Regelung, nicht eine, die den Schulen sagt, ihr müsst das regeln.
Handy-Nutzung in der Schule: Schulen sollen sich selbst Regeln geben
In der zwischen den Ministerien bereits abgestimmten Vorlage heißt es: "Die Nutzung mobiler Endgeräte von Schülerinnen und Schülern soll in allen Schulen konsequent und verpflichtend reguliert werden, insbesondere um Störungen des Unterrichts und des Schulalltags zu verhindern sowie die Entwicklung und das soziale Miteinander der Schülerinnen und Schüler zu fördern." Welche Regelung gilt, soll vor Ort entschieden werden. "Schulen sollen ermächtigt werden, Möglichkeiten, Einschränkungen und Verbote der Nutzung alters- und entwicklungsangemessen festzulegen und durchzusetzen."
Sebastian Kölsch, Vorsitzender des Landeselternbeirats BW, fordert schon seit Monaten eine einheitliche Regelung für alle Schulen im Land. Diese müsse bindend sein. "Wir brauchen eine regelnde Regelung, nicht eine, die den Schulen sagt, ihr müsst das regeln." Das schaffe nur mehr Aufwand vor Ort. Kölsch wundert sich zudem, dass der Landeselternbeirat als Beratungsgremien in die Diskussion um ein Handyverbot nicht eingebunden wurde.
Tatsächlich dürfte aber noch Zeit für Debatten sein, denn die Verschärfung des Gesetzes soll erst zum Jahresende im Landtag verabschiedet werden. In Kraft treten soll es dann zum zweiten Halbjahr Anfang 2026. Schon bis zu diesem Sommer sollen die Schulen eine Handreichung bekommen, in der Schulleitungen und Lehrkräfte konkrete Empfehlungen erhalten sollen.
Lehrer an den Schulen kommen gegen Anziehungskraft des Handys nicht an
Ministerin Schopper hatte schon Mitte März angekündigt, zum Schutz von Kindern und Jugendlichen die Handy-Nutzung an Schulen einschränken zu wollen. Die negativen Einflüsse von Smartphones auf die Konzentrationsfähigkeit, das Lernvermögen und die mentale Gesundheit von Schülerinnen und Schülern seien mittlerweile ausreichend belegt. Im Unterricht sollten digitale Endgeräte wie Tablets aber weiter benutzt werden. Dies sei in einer zunehmend digitalisierten Welt unerlässlich, hatte die Grünen-Politikerin erklärt.
Zurück an der Alleenschule in Kirchheim: Klassenlehrerin Christin Burgstett, die in der Werkrealschule unter anderem Mathe, Deutsch und Geschichte unterrichtet, berichtet von zahlreichen Handy-Diskussionen mit Eltern: Es gebe immer wieder Mütter und Väter, die sich gegen ein Handyverbot an Schulen wehren, nicht nur wegen der Erreichbarkeit ihrer Kinder.
Deren Forderung: Der Umgang mit dem Handy solle geschult werden. Diese Idee hält die Lehrerin nicht mehr für realisierbar und zeigt sich im Gespräch ernüchtert: "Wir haben das jetzt wirklich eine ganze Zeit lang auch probiert, den Umgang mit dem Handy zu lernen. Was ist richtig? Wie gehe ich damit um? Aber das ist eine schöne Idee. Letztlich glaube ich, ist da einfach die Kraft und die Macht von dem Handy so viel größer, dass wir da ganz viel Medienbildung und Erziehung leisten können, das aber das Verhalten im Umgang mit dem Handy nicht ändert."
Meine Position ist, dass Handys an der Schule nichts verloren haben. Viele Eltern sehen das aber ganz anders."
Eltern drohen mit Klage wegen geplantem Smartwatch-Verbot
Anderes Klassenzimmer, jüngere Schülerinnen und Schüler: Grundschule. Auch hier gilt das Handyverbot, doch längst wird es mit der Smartwatch unterwandert. Allein drei Schüler haben an diesem Vormittag ein digitales Gehäuse am Arm, das Nachrichten senden und empfangen kann, ebenso wie Anrufe. Auch das Mitschneiden von Unterricht ist möglich, Foto und Videoaufnahmen.
Die Schule wollte dem nicht länger zusehen und verhängte ein Smartwatch-Verbot, doch da drohte ein Vater im aktuellen Schuljahr mit Klage. Schulleiter Thorsten Bröckel musste das Verbot zähneknirschend zurücknehmen. "Solange keine landesweite Regelung für die Smartwatch da ist, müssen wir akzeptieren, dass die Uhr getragen wird."
Doch in dieser Frage dürfte es demnächst eine rechtliche Grundlage geben. Aus dem Kultusministerium heißt es, dass im Gesetzentwurf von "digitalen Endgeräten" die Rede sei und somit auch Smartwatches unter die Regeln fallen sollen. Das heißt, künftig müssen Kinder und Jugendliche auch diese Uhren abgeben.
Sorgen wegen Fleckenteppich an Handy-Regelungen an den Schulen im Land
Schulhof der Alleenschule, hinter der kleinen Mauer endet das Schulgelände: Viele Eltern, die um 12:15 Uhr ihre Grundschul-Kinder abholen, würden ein generelles Handyverbot unterstützen. Mutter Verena Heilig aus Kirchheim berichtet jedoch, dass die Meinungen der Eltern sehr unterschiedlich seien. "Meine Position ist, dass Handys an der Schule nichts verloren haben. Viele Eltern sehen das aber ganz anders. Die sehen das so, dass ihre Kinder die Handys absolut benutzen dürfen, erreichbar sein sollen."
Besonders kompliziert werde es, wenn Schulen zu unterschiedlichen Regelungen kommen: "Das finde ich schwierig, weil da wird es natürlich viel Diskussion unter den Eltern geben und viele werden sagen, das ist ja nicht fair, wenn an der einen Schule Handys erlaubt sind und an der anderen nicht. Deshalb denke ich, dass eine generelle Regelung sinnvoll ist."