Die Entscheidung am Sonntag war eindeutig: Bei nur zwei Gegenstimmen und einer Enthaltung sprachen sich die 70 Delegierten auf dem Länderrat der Grünen in Berlin für die Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen mit Sozialdemokraten und Freien Demokraten aus. Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der FDP votierten am Montag einstimmig für die Aufnahme der Gespräche. Der SPD-Vorstand hatte bereits am Freitag dafür gestimmt.
Heidelberger Grünen-Abgeordnete Brantner lobt Entscheidung
Das Sondierungspapier sei eine gute Grundlage für die Verhandlungen, so Franziska Brantner gegenüber dem SWR. "Das ist nicht hundert Prozent grün, das ist auch nicht gelb und auch nicht rot. Sondern es ist eine Grundlage, um dieses Land zu modernisieren und Chancen zu nutzen."
Deutschland und Europa stärken
In den kommenden Tagen und Wochen müsse nun an die konkrete Umsetzung der Vereinbarungen gegangen werden, betonte Brantner. Deutschland müsse modernisiert, Europa vorangebracht und vor allem die Technologien gestärkt werden. Jetzt gehe es darum, genau zu definieren, wo dann auch das Geld dafür herkomme. Da seien alle in der Verpflichtung – nicht nur die Grünen, so die Heidelberger Bundestagsabgeordnete.

Auch das Land kann profitieren
Für Baden-Württemberg sei es gut, wenn wirklich so viele Gelder für Forschung und Wissenschaft zur Verfügung gestellt würden. Es helfe auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der Digitalisierung in Schulen, für die Unterstützung von Schulen in Brennpunkt-Regionen. "Das sind alles gute Dinge, die wir auch in Baden-Württemberg gut gebrauchen können," erklärt Brantner im Interview mit dem SWR.
"Ich hoffe, dass wir aus Baden-Württemberg heraus viele Beispiele und Impulse geben können, wie wir auch auf Bundesebene besser regieren."
Für Politik des Dialogs und Zusammenführens
Menschen zusammen an einen Tisch bringen, nicht polarisieren, nicht gegeneinander ausspielen - das, so Brantner, gibt es bereits in Baden-Württemberg: Artenschützer und Landwirte an einem Tisch, einen Dialog mit der Automobilindustrie, eine Politik des Gehörtwerdens, die nun hoffentlich auch auf Bundesebene eingerichtet werden könne. Die grün-schwarze Landesregierung habe klar zu erkennen gegeben, dass sie im Bundesrat in Sachen Klimaschutz einen ehrgeizigen Weg mittragen wolle, lobt die Grünen-Bundestagsabgeordnete gegenüber dem SWR.
Bayaz für Habeck als Bundesfinanzminister
Bei den Grünen mehren sich unterdessen die Stimmen, in der angestrebten Ampelkoalition das einflussreiche Bundesfinanzministerium nicht kampflos der FDP zu überlassen.

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) twitterte, Grünen-Co-Chef Robert Habeck sei die Idealbesetzung für das Finanzministerium im Bund. "Er hat sich nicht erst seit gestern gründlich auf diese verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet," betonte der baden-württembergische Ressortchef.
Liberale sehen Parteichef Lindner im Bundesfinanzministerium
Im Wahlkampf hatte allerdings FDP-Chef Christian Lindner keinen Hehl daraus gemacht, Finanzminister werden zu wollen. Auch mehrere FDP-Politiker sprachen sich dafür am Wochenende aus. Ein hochrangiger FDP-Parlamentarier sagte der Nachrichtenagentur Reuters, mit dem Ergebnis der Sondierungen laufe alles auf Lindner als Finanzminister hinaus.
Habeck selbst hat die von FDP-Politikern losgetretene Debatte über die Besetzung des Finanzministeriums als "nicht hilfreich" kritisiert. "Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe", sagte Habeck am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".