Um Brustkrebs frühzeitig zu erkennen, gibt es die Tastuntersuchung durch den Gynäkologen und das Mammographie-Screening. Darüber hinaus gibt es noch eine Vorsorgeuntersuchung, die weniger bekannt ist: die sogenannte Taktilographie. Dabei wird auf den Tastsinn sehbehinderter Frauen gesetzt. Am Klinikum Friedrichshafen wird diese Untersuchung derzeit probeweise von zwei Tastspezialistinnen angeboten.
Die beiden Tastspezialistinnen in Friedrichshafen heißen Pia Hemmerling und Daniela Mettvett. Beide sind hochgradig sehbehindert, fast blind. Sie nutzen das als Stärke. Denn beide machen seit mehreren Jahren Vorsorgeuntersuchungen für Brustkrebs.
Brustkrebsvorsorge: Untersuchung dauert etwa eine Stunde
Bei der Untersuchung tasten blinde Frauen die Brust ihrer Patientinnen Zentimeter für Zentimeter mit ihren Fingerkuppen ab. Dabei hilft ihnen ein angebrachter Klebestreifen, sodass sie die Orientierung nicht verlieren, keine Stelle auslassen.
Entdecken die beiden Tastspezialistinnen während der Untersuchung eine Auffälligkeit, wird ein Arzt oder eine Ärztin hinzugezogen. Denn eine Diagnose dürfen sie nicht stellen. Helfen können die sehbehinderten Frauen nach eigenen Angaben etwa jeder achten Patientin.
Blinde ertasten Brustkrebs: Neu am Bodensee – nicht neu in Deutschland
Entwickelt wurde das Taktilographie-Verfahren vom Unternehmen "discovering hands". Es gibt das Unternehmen seit etwa zehn Jahren. Deutschlandweit arbeiten aktuell rund 50 solcher Medizinisch-Taktilen-Untersucherinnen.
Etwa eine Stunde dauert die Untersuchung, die von immer mehr Krankenkassen übernommen wird. In Friedrichshafen ist das Angebot derzeit nur temporär, rund 140 Mitarbeiterinnen von Rolls-Royce Power Systems mit Sitz in Friedrichshafen dürfen es testen. Doch die Verantwortlichen hoffen, dass ab kommendem Jahr permanent eine Tastspezialistin am Klinikum arbeiten wird.