SWR: lnwieweit ist die Situation jetzt gerade ein Déjà-vu? Inwieweit fühlen sie sich an das vergangene Jahr zurückerinnert?
Roland Wehrle: Natürlich ganz stark und ich bin eigentlich tief betrübt über diese Entwicklung. Aber wir müssen sie zur Kenntnis nehmen und immer noch hoffen, so ist auch die Grundlinie des Landes, dass wir vielleicht die eine oder andere Fastnachtsveranstaltung noch durchführen können. Aber man muss realistisch sein. Das sieht im Moment nicht sehr gut aus.
SWR: Kann man schon abschätzen, wie die Fastnacht im kommenden Jahr aussehen wird?
Roland Wehrle: Ja, wir werden Anfang Januar, so um den 12. oder 13. Januar, mit dem Land Baden-Württemberg noch einmal klären, was in der Basis- oder Warnstufe möglich ist. Natürlich wissen wir um die aktuelle Situation von Omikron. Und da erwartet man leider Gottes auch gerade in die Fastnachtszeit hinein einen unglaublichen Anstieg. Wenn das so kommen sollte, wie die Experten sagen, werden wir kaum noch Fastnachtsveranstaltungen durchführen können. Gültig sind immer die aktuellen Hygieneverordnungen, an die wir uns halten. Und wichtig ist auch die Absprache, dass in jeder einzelnen Kommune überlegt wird: Was ist möglich, was ist nicht möglich? Ich sag immer noch: So viel Fastnacht wie möglich, aber immer unter den gültigen Corona-Bedingungen. So werden wir beispielsweise auch die Vergabe der "Narrenschelle" im Moment nicht absagen, sondern sind dabei mit dem Europa-Park ein entsprechendes Hygiene-Konzept zu entwickeln, das auf dem Hintergrund von 2G oder 2G-Plus doch noch eine größtmögliche Sicherheit bietet. Denn schwierig ist, wenn wir jetzt alles absagen, dann werden die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verwerfungen nur noch größer und auch das wollen wir ein Stück weit verhindern.
SWR: Stand jetzt: Für wie wahrscheinlich halten Sie, dass Straßenumzüge und große öffentliche Fastnachtsveranstaltungen stattfinden werden?
Roland Wehrle: Die halte ich nur für möglich, wenn wir wieder in die Warn- oder die Basisstufe zurückkommen. Da kann man das machen. Da müssen bestimmte Gebiete als 2G- oder 3G-Gebiete ausgewiesen werden, je nachdem in welcher Situation wir stehen. Die müssten dann stichprobenartig kontrolliert werden. Wir müssen dann allgemein sagen, dass wir alle dann trotz alledem eine Maskenpflicht - also nicht die schwäbisch-alemannische Masken - sondern die Hygiene-Masken natürlich getragen werden. Aber das muss man auf dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten klären. Aber ganz, ganz große Umzüge werden extrem schwierig werden, wahrscheinlich nicht durchführbar sein. Aber ich würde im Moment einfach überlegen, welche finanziellen Risiken sind damit verbunden, wie ist der finanzielle und organisatorische Aufwand. Und dementsprechend empfehle ich den einzelnen Zünften in Absprache mit den örtlichen Kommunen und mit den Ordnungsbehörden zu klären, was vielleicht denkbar ist. Aber ich würde vorschlagen: Wartet mal bis Mitte Januar ab und entscheidet dann.
SWR: Sie sagen, auch wenn es nicht gut aussieht, doch noch einmal ein bisschen abwarten, wie entwickelt sich die Lage weiter?
Roland Wehrle: Genau, wir sollten jetzt nicht alles aufgeben, denn wir müssen lernen, wieder zum normalen, gesellschaftlichen Leben zurückzukehren. Der Gesundheitsschutz hat aber Vorrang, das ist völlig klar. Und deshalb wird immer auf dem Hintergrund der gültigen Hygieneregeln das organisiert, was möglich ist. Wir sollten den Kindern, den alten Menschen und uns allen die Fastnacht nicht einfach nehmen.