Die Löcher im Boden der Grabungsstelle am Rande von Beuren wirken auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar – doch sie stecken voller Geschichten. Denn hier haben Archäologinnen und Archäologen des Landratsamtes Konstanz bei Arbeiten für ein Neubaugebiet Reste einer mittelalterlichen Siedlung aus dem 12. oder 13. Jahrhundert entdeckt. Seit fast einem Jahr wird dort gegraben und vorsichtig die Erde umgewühlt. Die Experten sichern wertvolle Funde, die jahrhundertelang im Boden lagen. Diese erzählen nun mehr über das Leben der Menschen im Hegau vor über 800 Jahren.
In regelmäßigen Abständen sind grüne Kreise auf die Erde gesprüht. Zettel mit Nummern markieren die Stellen, an denen die Historiker den Boden noch untersuchen wollen. An anderen Stellen sind schon einige gut 30 Zentimeter tiefe Löcher zu sehen. Da, wo gerade Archäologen die obere Schicht Erde umgraben, sind Pavillons und Schirme zum Schutz vor der prallen Mittagshitze aufgestellt. Drei Hofstellen haben sie gefunden, erklärte der zuständige Kreisarchäologe Jürgen Hald bei einer Führung über die Ausgrabungsstätte am Dienstag.
Verfärbungen, Keramikscherben und Tierknochen gefunden
Vermutlich standen mehrere sogenannte Grubenhäuser dort, wo derzeit geforscht wird. In diesen Häusern wurde zum Beispiel gewebt, Keramik bearbeitet oder Essen gelagert. Außerdem standen in der Siedlung mehrere Haupt-Wohnhäuser mit 15 auf sechs Metern Grundriss. Dort lebten wahrscheinlich die Menschen zusammen mit ihren Tieren. Die Forschenden haben vor allem Verfärbungen der alten Hauspfosten im Boden gefunden, vereinzelt aber auch Keramikscherben und Tierknochen.
Das alles zusammen lässt Rückschlüsse auf das Leben damals zu, erklärt Ausgrabungsleiter Benjamin Hamm.
Wie ein Puzzle mit 1.000 Teilen beschreibt Benjamin Hamm solche Ausgrabungsstätten. Aber ein Puzzle, bei dem die Wissenschaftler nur die Hälfte der Teile zur Verfügung haben, um ein Bild zu basteln. Was auch nach den Funden noch unklar bleibt, ist die Wasserversorgung der Siedlung. Die Fachleute vermuten Brunnen in den Siedlungsteilen, die außerhalb der Grabungen liegen - unterhalb des angrenzenden Wohngebiets.
Mittelalterliches Erbe soll gewürdigt werden
Die Funde in der Ausgrabungsstätte haben Ortsvorsteher Stephan Einsiedler überrascht. Vielleicht müsse nun die Geschichte seines Dorfes ergänzt werden: Es könnte etwas älter sein als zuvor gedacht. "Burron" wurde 1228 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Vermutlich gehörte das Dorf damals zum Kloster Reichenau.
Für das künftige Wohngebiet, das in den kommenden Monaten entsteht, hat er nun schon eine Idee. Das mittelalterliche Erbe auf dem Gelände soll gewürdigt werden, sagt Einsiedler.
Die Ausgrabungen sind fast abgeschlossen. Ende Juli sollen die Bauarbeiten für die neuen Häuser beginnen.