20 Gemeinderäte stimmten für die Umbenennung der Straße, es gab nur eine Gegenstimme. Mit seinem Beschluss setzte sich der Gemeinderat über das Votum vieler Anwohner hinweg. Diese hatten sich in einer Umfrage der Stadt mehrheitlich gegen einen neuen Straßennamen ausgesprochen. Die Anwohner bekommen eine Entschädigung für die Ausgaben, die ihnen durch die Adressänderung entstehen.
Der bisherige Namensgeber der Straße, Paul von Lettow-Vorbeck, diente für das Deutsche Reich ab 1904 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Er war maßgeblich beteiligt an den Gräueltaten gegen die Volksgruppen der Herero und Nama. Ihre massenhafte Tötung wurde im Frühjahr von Deutschland als Völkermord anerkannt. Das war auch der Grund, warum die Fraktionen des Gemeinderats den Antrag über die Namensänderung eingebracht hat.

Lettow-Vorbeck hielt Afrikaner für rassisch minderwertig
Im ersten Weltkrieg war Lettow-Vorbeck in Ost-Afrika im Einsatz. Ein Zeitzeuge, der zu seiner Truppe gehörten, berichtete später: "Unsere Spur bestand aus Tod, Plünderungen und zerstörten Dörfern". In einer Biographie über Lettow-Vorbeck heißt es, "er war ein Militarist, der im Soldatentum die höchste Form des menschlichen Daseins erblickte". Und im Krieg seien für ihn alle Mittel erlaubt gewesen. Afrikaner waren für ihn rassisch minderwertig.
Die Historikerin Heike Kempe hat die Vergangenheit Lettow-Vorbecks schon 2012 im Auftrag der Stadt aufgearbeitet: Sie bestätigt, dass Paul von Lettow-Vorbeck ein Kriegsverbrecher war und "als Namensgeber für Straßen absolut ungeeignet ist". Trotz ihres Gutachtens beschloss der Radolfzeller Gemeinderat 2013 keine Änderung des Straßennamens. Die Abstimmung endete mit einem Unentschieden. Stattdessen wurde entschieden, eine Erklärtafel unter dem Straßenschild anzubringen.