Kühe im Stall (Foto: SWR, Dirk Polzin)

Kühe im Hitzestress

Klimaerwärmung setzt auch Rindern in Oberschwaben zu

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Hitzewellen stressen nicht nur Menschen, sondern auch Rinder. Sind die Landwirte nicht auf der Hut, kann schnell der Einsatz des Tierarztes nötig werden.

Das schwülwarme Wetter der Sommertage kann auch für Milchkühe zum großen Problem werden. Während sie Minustemperaturen von bis zu zehn Grad problemlos vertragen, beginnen sie bereits ab 20 Grad Celsius zu schwitzen. Milchbauer Alexander Böhmer aus Ettishofen (Kreis Ravensburg) warnt: Geben die Tiere plötzlich keine Milch mehr, sei dies der erste Hinweis, dass die Kühe im Hitzestress sind. Meist bekämen sie hohes Fieber von bis zu 41 Grad und trockneten regelrecht von innen aus, so Böhmer. Dann sei schnellstens der Tierarzt gefragt. SWR-Reporter Dirk Polzin hat sich den Hof von Alexander Böhmer angeschaut:

Bei extremer Hitze brauchen Kühe mehr Futter und Wasser

Damit es erst gar keine Probleme gibt, rät Landwirt Böhmer dazu, zweimal am Tag frisches und feuchtes Futter vorzulegen. Denn werde das Futter warm, fressen es die Kühe unter Umständen nicht, was sie schwäche. Vor allem sollten Landwirte sowohl im Stall als auch auf der Weide genügend gefüllte Tränken vorhalten. Eine Kuh trinke bei hohen Temperaturen bis zu 100 Liter Wasser am Tag, 20 bis 30 Liter mehr als sonst, erklärt Alexander Böhmer. Zudem müsse der Stall gut durchlüftet sein. Dies gehe mit einer Schlauchlüftung, Deckenventilatoren oder Kälteaggregaten – oder durch moderne Ställe - wie den von Bauer Böhmer.

Kuhstalldach mit Lüftungslücken (Foto: SWR, Dirk Polzin)
Ein spezielles Kuhstalldach mit Lüftungslücken sorgt für angenehme Temperaturen im Stall.

Gutes Raumklima bei Extrem-Hitze durch offene Ställe

Die 180 Milchkühe in Ettishofen leben in einem offen gehaltenen Stall, der ihnen nicht nur Schatten spendet, sondern auch kühlere Temperaturen und immer wieder einen leichten Luftzug. Der Stall ist nicht nur an den Längsseiten offen, sein Wellblech-Satteldach besteht aus drei Teilen, die sich überlappen und Lücken lassen. Warme Luft kann so nach oben abziehen, Sonne aber nicht hindurchscheinen. Zudem absorbiere eine Photovoltaikanlage auf dem Dach einen Teil der Sonnenwärme, erklärt Milchbauer Böhmer.

Rinder passen sich teils an Klimawandel an

Einen offenen Stall hat auch Wilhelm Graf aus Weingarten (Kreis Ravensburg), wenn auch einen kleinen. In ihm finden seine rund 20 schottischen Hochlandrinder Unterschlupf. Sie bevorzugten generell offene Ställe, weil sie auch im Winter raus wollen, so Graf, die Tiere seien Kälte gewöhnt. Dass sie wegen ihres Zottelfells mehr schwitzen als andere Rinderrassen, sei hingegen nicht der Fall.

Hochlandrinder auf dem Rungshof in Weingarten (Foto: SWR, Dirk Polzin)
Die Hochlandrinder auf dem Rungshof in Weingarten (Kreis Ravensburg) können gut mit der Hitze umgehen.

Die Hochlandrinder hätten sich an wärmere Temperaturen bereits durch ein kurzhaariges Sommerfell angepasst. Laut dem Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung Müncheberg haben Forscher deshalb im Blick, inwieweit sich auch andere Rinder durch neue Züchtungen an den Klimawandel anpassen und hitzeunempfindlicher werden könnten.

Freier Auslauf verschafft Rindern nächtliche Abkühlung

Noch aber müssen die Landwirte auf die Physiologie bestehender Rinderrassen achtgeben. Und dazu gehört nach Auffassung von Wilhelm Graf aus Weingarten und Alexander Böhmer aus Ettishofen auch die Möglichkeit, dass die Tiere selbst entscheiden, ob sie bei großer Hitze im Stall oder lieber auf der Weide sind. Die Tore der Ställe der beiden Landwirte stehen deshalb offen. Die sei vor allem nachts wichtig, sagen sie. Dann nämlich drängen die Tiere auf die Weide, um dort auf dem noch warmen Boden zu schlafen, während ihnen der Tau und die angenehmeren Nachttemperaturen eine wohltuende Abkühlung verschaffen.

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SWR