Der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) betreibt im Kreis drei Kliniken in Singen, Radolfzell und Konstanz sowie eine in Stühlingen (Kreis Waldshut). Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie schreibt der GLKN rote Zahlen. Der Gesundheitsverbund verliere jeden Monat etwa 1,5 Millionen Euro, so Landrat Zeno Danner (parteilos). Im Jahr laufe das auf ein Defizit von rund 18 Millionen Euro hinaus. Das könne man auf Dauer nicht stemmen.
Gutachten 2021 in Auftrag gegeben
Deshalb hatte der GLKN im vergangenen Jahr ein Gutachten bei den auf Krankenhäuser spezialisierten Beratern Lohfert & Lohfert in Auftrag gegeben. Die Inhalte dieses Gutachtens wurden am Freitag in der Singener Stadthalle den Gremien der am Klinikverbund beteiligten Gesellschafter und dem Aufsichtsrat des GLKN vorgestellt.
Gutachten schlägt die Schließung von Radolfzell vor
Das Gutachten schlägt vor, das Hegau-Bodensee-Klinikum Radolfzell mit seinen rund 150 Betten zu schließen. Er halte das für einen "sehr brauchbaren Vorschlag", so Landrat Danner. Es mache keinen Sinn mehr, dauerhaft Geld ins Krankenhaus Radolfzell zu investieren. Kleine Krankenhäuser hätten zunehmend Schwierigkeiten, Zertifizierungen zu bekommen und seien damit für angehende Ärzte und Ärztinnen nicht so attraktiv, weil es weniger Fortbildungsmöglichkeiten gebe. Betroffen von den Schließungsplänen sind rund 400 Beschäftigte.

"Ein schwarzer Tag für Radolfzell"
Der Radolfzeller Oberbürgermeister Simon Gröger (parteilos) sprach in einer ersten schriftlichen Stellungnahme am Freitagabend von einem "schwarzen Tag“ für die Stadt und die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. Es sei bitter, dass der GLKN die Akut-Versorgung in Radolfzell aufgeben wolle. Ihm sei aber auch klar, dass das Defizit auf Dauer erdrückend sei.
"Doppelstrukturen im Klinikverbund müssen abgeschafft werden."
Hoher Sanierungsbedarf auch in Singen
Das Gutachten hat auch die anderen beiden Klinikstandorte im Kreis Konstanz unter die Lupe genommen. Dabei wurde deutlich: Nicht nur Radolfzell, auch das Singener Krankenhaus hat einen hohen Sanierungsbedarf. Die Gutachter schlagen deshalb vor, das bereits modernisierte Krankenhaus in Konstanz zu erhalten und an einem zentralen Standort im Landkreis für geschätzt 270 Millionen Euro ein neues Haus zu bauen.
Medizinisches Angebot im Landkreis verbessern
Alle Vertreter des Gesundheitsverbundes betonten, dass die Maßnahmen dazu dienen sollen, die Qualität des medizinischen Angebots im Landkreis zu verbessern. Auch die Bevölkerung von Radolfzell gewinne, wenn in erreichbarer Nähe eine Top-Klinik sei, so Landrat Danner.
"Wir müssen aufpassen, dass wir die Medizin von morgen nicht in den Strukturen von gestern machen."
Bei den vorgestellten Plänen gehe es nicht um Stellenabbau, betonte Uli Burchardt (CDU), Oberbürgermeister von Konstanz. Man wolle im Kreis Konstanz weder die Zahl der Krankenhaus-Betten noch der Arbeitsplätze in den Kliniken reduzieren. Aber man müsse überflüssige Doppelstrukturen abbauen.
Gutachten hat auch Alternativen untersucht
Das Gutachten hat laut Landrat Danner auch geprüft, ob im Kreis Konstanz alle drei Standorte beibehalten werden könnten. Das Ergebnis: "Ja, aber mit einem jährlichen Defizit von 13 bis 14 Millionen Euro". Ein weiteres Szenario, das untersucht wurde, war ein Zentralklinikum für den gesamten Kreis Konstanz. Diese Idee wurde aber wieder verworfen.
Klinik-Neubau in Singen bis 2030?
Wie schnell die Vorschläge des Gutachtens umgesetzt werden können, ist noch unklar. Das Gutachten sei erst der Anfang, so Danner. Jetzt müssten die zuständigen Gremien entscheiden, wie es mit den Klinken des Gesundheitsverbundes weitergehe. Im Mai werde sich der Kreistag mit dem Gutachten beschäftigen. Für den Landrat ist aber klar: "Wir müssen Gas geben". Ein Neubau in Singen könnte 2030 betriebsbereit sein, wenn schnell ein passendes Grundstück gefunden werde.
Klinikschließungen auch in anderen Landkreisen großes Thema
Auch in anderen Kreisen der Region Bodensee-Oberschwaben stehen die Schließungen von kleinen Krankenhäusern an. Im Kreis Sigmaringen hat ein Gutachten die Schließung der Häuser in Pfullendorf und Bad Saulgau empfohlen. Dagegen regt sich viel Protest. Erst jüngst hatte es ein Zweitgutachten gegeben, dass die Schließungen der Häuser ebenfalls für nötig hält. Die Standorte Pfullendorf und Bad Saulgau seien zu klein und damit unwirtschaftlich. Der Kreistag soll am 14. März endgültig über das Konzept entscheiden.
Petitionen für Erhalt von Kliniken
Im Dezember hatte zudem Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) gesagt, dass er mittelfristig für die Klinikstandorte Tettnang (Bodenseekreis) und Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) keine Zukunft als Akutkrankenhaus sehe. Seitdem haben über 10.000 Menschen eine Petition für den Erhalt des Klinikstandorts in Tettnang unterschrieben. Die Petition richtet sich direkt an den Sozialminister. Es sollen mindestens 15.000 Unterschriften zusammenkommen. Auch für den Erhalt der Klinik in Bad Waldsee gibt es eine Petition. Und in Wangen im Allgäu haben 16.000 Menschen eine Petition für den Erhalt des Krankenhauses unterschrieben.