Experiment des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie

Konstanzer Forschungsteam beweist: Fische erkennen Taucher wieder

Stand
Autor/in
Verena Katschker
SWR-Redakteurin Verena Katschker Autorin Bild

Wenn Menschen in Tauchausrüstung Fischen Futter bringen, erkennen diese sie später wieder. Das zeigt eine Forschung des Max-Planck-Instituts Konstanz im Mittelmeer.

Taucher und Taucherinnen sehen für Fische keineswegs alle gleich aus. Bekommen sie von einer Person Futter, erkennen die Tiere diese wieder und folgen ihr ausdauernd - weniger spendable Tauchgänger werden hingegen ignoriert, wie ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie (MPIAB) in Konstanz gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa) berichtet hat. Entscheidend fürs Erkennen sind allerdings nicht die - unter der Tauchermaske kaum zu sehenden - Gesichter, sondern Eigenheiten der Ausrüstung.

Experiment mit Fischen entstand durch Zufall

Forschenden war an der Mittelmeer-Station "Stareso" auf Korsika aufgefallen, dass Seebrassen und andere Fische ihnen auf Tauchgängen folgten und Futter nahmen, das eigentlich als Versuchsbelohnung gedacht war. Erstaunt stellten sie fest, dass ausschließlich die Menschen begleitet wurden, von denen die Fische zuvor schon mal Leckereien bekommen hatten, wie das Max-Planck-Institut der dpa erläuterte.

Ein Team um die Forschenden Katinka Soller und Maëlan Tomasek startete daraufhin eine Reihe von Experimenten mit den an Menschen gewöhnten Fischen in der Umgebung der Forschungsstation. Die Tiere hätten an den Versuchen als Freiwillige teilgenommen, die kommen und gehen konnten, wie es ihnen gefiel, hieß es.  

Farben an der Tauchausrüstung unterscheiden sich

Soller als die trainierende Taucherin versuchte zunächst, die Aufmerksamkeit der Fische auf sich zu ziehen: Mit einer leuchtend roten Weste ausgestattet fütterte sie herbeigeschwommene Tiere und tauchte dabei etwa 50 Meter weit. Nach und nach wurden alle auffälligen Merkmale wie die Weste entfernt. Letztlich legte Soller in einfacher Tauchausrüstung mit verstecktem Futter erst die vollen 50 Meter zurück, bis sie die Fische fütterte, die ihr bis dahin gefolgt waren.

Youtube Account des MPIAB

Seebrassen erkannten Tauchausrüstung am besten

Nach zwölf Tagen Training folgten Soller etwa 20 Fische auf ihren Tauchgängen. Besonders viel Neugier und Lernbereitschaft zeigten Seebrassen. "Sobald ich das Wasser betrat, dauerte es nur Sekunden, bis ich sie auf mich zuschwimmen sah, scheinbar aus dem Nichts", sagte Soller der dpa. Die im Fachjournal "Biology Letters" vorgestellten Versuche zeigten auch, was genau die Fische wiedererkennen: nicht etwa das Gesicht der Menschen, sondern Farbmerkmale ihrer Ausrüstung.

Maëlan Tomasek nutzte zunächst eine Ausrüstung, die sich nur durch einige farbige Teile des Neoprenanzugs und andersfarbige Flossen von der Ausrüstung Sollers unterschied. Tauchte auch er, fütterte die Fische aber nicht, wurde er fortan weitgehend ignoriert. Bei komplett identischer Tauchausrüstung gelang den Fischen die Unterscheidung nicht.

Bisher wenige Beweise, dass Fische Menschen erkennen

Insgesamt gebe es aber bisher nur wenige wissenschaftliche Beweise dafür, dass Fische Menschen wirklich erkennen können, hieß es vom Max-Planck-Institut weiter. In Gefangenschaft gezüchtete Schützenfische konnten demnach in Laborexperimenten Bilder von menschlichen Gesichtern erkennen. "Aber niemand hat jemals gefragt, ob wilde Fische die Fähigkeit oder sogar die Motivation haben, uns zu erkennen, wenn wir ihre Unterwasserwelt betreten", sagte Tomasek der dpa.

Mit mehr Zeit seien die Fische womöglich irgendwann auch in der Lage, auf subtilere Merkmale wie etwa die Haare oder die Hände zu achten, vermuten die Forschenden. "Wir haben bereits beobachtet, dass sie sich unseren Gesichtern nähern und unsere Körper unter die Lupe nehmen", so Soller. "Es war, als würden sie uns studieren und nicht umgekehrt."

Forscher geben Fischen Futter - und Namen

Das Erkennen bei den Experimenten der Konstanzer Forschenden beruhte übrigens auf Gegenseitigkeit: Ein Fisch wurde von dem Team Julius genannt, eine regelmäßig teilnehmende Seebrasse mit zwei silbern glänzenden Schuppen auf dem Rücken erhielt den Namen Bernie. Und dann gab es noch "Alfie, der einen Riss in der Schwanzflosse hatte", wie Soller erzählte.

Aquarianer kennen das Phänomen

Wer ein Aquarium oder einen Teich besitze, kenne das Phänomen, dass einem die eigenen Fische entgegenschwimmen, Fremden aber nicht, wie Matthias Wiesensee, Vizepräsident des Verbands Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde, sagte. Neben visuell erkennbaren Mustern spielten dabei Schallmerkmale etwa der Stimme oder des Gangs eine Rolle, die über das Seitenlinienorgan der Tiere erfasst würden.

Sehr ausgeprägt sei das zum Beispiel bei Kois und Goldfischen, die zu denjenigen hinschwömmen, die sie fütterten - nicht aber zu anderen Familienmitgliedern, so Wiesensee. Auch große Buntbarsche wie Skalar und Diskus bauten merkbar eine Beziehung zu bestimmten Menschen auf und seien Fremden gegenüber oft eher skeptisch.

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