Der Paragraf 219a verbot bislang "Werbung für Schwangerschaftsabbrüche". Das beinhaltete auch, dass Ärztinnen und Ärzte nicht öffentlich über das Thema informieren durften. Sie konnten also zum Beispiel keine Informationen über Abtreibungen auf ihre Homepage stellen. Das wird durch den Wegfall des Paragrafen nun möglich. Für viele war dieser Schritt längst überfällig. Auch für Benjamin Strasser, FDP-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Ravensburg und Staatssekretär im Justizministerium.
Zusätzliches Informationsangebot für Betroffene
Ärztinnen und Ärzte dürfen künftig also unter anderem auf ihrer Homepage darüber informieren, ob sie Abtreibungen vornehmen und welche Methoden es dafür gibt. Welche Ärztinnen und Ärzte Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, darüber durften bisher nur Beratungsstellen informieren.
Rund 300 betroffene Frauen kommen jährliche zur Beratungsstelle Grüner Turm in Ravensburg, die von Profamilia betrieben wird. Bei der Beratungsstelle von Profamilia in Konstanz sind es mehr als 200 Frauen im Jahr. Die Stellen beraten betroffene Frauen "zielorientiert und ergebnisoffen", wie sie selbst sagen.
Die Beratungsstellen begrüßen die Streichung des Paragrafen 219a. So könnten sich Frauen nun auch schon im Vorfeld einer Beratung auf den Seiten der Ärztinnen und Ärzte informieren, heißt es.
Schlechte Versorgungslage in der Region Bodensee-Oberschwaben
Doch der Wegfall des Paragrafen 219a führt noch längst nicht zu einer guten Situation für Betroffene in der Region Bodensee-Oberschwaben. Denn nur wenige Ärztinnen und Ärzte nehmen Schwangerschaftsabbrüche vor. Im ganzen Kreis Konstanz gibt es laut Profamilia drei Möglichkeiten für einen Schwangerschaftsabbruch. Im Bodenseekreis gibt es eine Möglichkeit. Im Kreis Ravensburg und im Kreis Biberach keine einzige.
Das bedeutet, dass Patientinnen oft stundenlang fahren müssen, wenn sie sich für eine Abtreibung entscheiden. Viele Ärztinnen und Ärzte hätten Bedenken, Abtreibungen vorzunehmen, sagt Doris Wilke.
Denn laut Paragraf 218 gilt ein Schwangerschaftsabbruch in vielen Fällen als rechtswidrig - auch - wenn er meist straffrei bleibt. Die Beratungsstellen in Ravensburg und Konstanz fordern deshalb, auch den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. So könne sich auch die Versorgungslage in der Region verbessern, sagen sie.