Nach Ansicht von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) könnten sich die Demonstrationen an Karsamstag in Stuttgart im Nachhinein als "Superspreading"-Event entpuppen. "Natürlich haben wir diese Sorge, da das ein Personenkreis ist, der aus ganz Deutschland kam", so Lucha am Dienstag im SWR. Es werde eine große Herausforderung sein, das einzudämmen.
Wunsch nach Kooperation mit Stadt Stuttgart
Der Grünen-Politiker erneuerte seine Kritik an der Genehmigung der Demonstration. "Das hätte man sich ersparen müssen", so Lucha weiter. Er verwies gegenüber dem SWR auf Paragraf elf der Corona-Verordnung, wonach Versammlungen verboten werden können, wenn der Schutz vor Infektionen durch Auflagen nicht erreicht werden kann. Äußerungen des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper (CDU), wonach es künftig keine weiteren Genehmigungen von Veranstaltungen der "Querdenken"-Bewegung geben werde, habe er registriert.
Lucha äußerte die Hoffnung, weiter eng mit den Verantwortlichen der Stadt Stuttgart zusammenarbeiten zu können. "Wir werden das sehr kollegial und sehr ehrlich und offen, aber ohne mit dem Finger auf den anderen zu zeigen, bearbeiten", so Lucha weiter.
Unterdessen geht die Frage nach den Verantwortlichen der Demo-Genehmigung weiter. So berichtete der SWR am Ostermontag darüber:
Dass es nicht mehr zu Bildern wie am Wochenende in Stuttgart kommt, könne er nicht versprechen. "Aber ich kann versprechen, dass wir alles dafür tun werden, dass wir sowas in Zukunft verhindern", sagte der baden-württembergische Gesundheitsminister.
Mutationen, volle Krankenhäuser: Minister will informieren
Man müsse angesichts auftretender Mutationen, steigender Infektionszahlen und voller Intensivstationen vor allem aufklären. Im Fokus müsse die Information stehen, damit "die Gegner des freiheitlichen Staates, die das Thema missbrauchen, um uns, den fürsorgenden Staat, zu attackieren, jetzt keine Spielräume erhalten", so Lucha wörtlich.
Zuvor hatte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) die vielen Verstöße gegen die Corona-Auflagen im Rahmen der Demonstrationen kritisiert. Die Bilder vom Karsamstag seien nur schwer zu ertragen, heißt es in einer Mitteilung aus dem Innenministerium. Aus der FDP wurde deutliche Kritik an Strobl laut. Wer die Verantwortung für "dieses Staatsversagen mit Tausenden Ordnungswidrigkeiten" trage, sollte in einem "parlamentarischen Nachspiel im Landtag" geklärt werden, so der FDP-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Michael Theurer. Nächsten Montag wird sich auf Antrag der SPD-Fraktion der Innenausschuss des Landtags in einer Sondersitzung mit dieser Demonstration befassen.
Stuttgarter Oberbürgermeister verteidigt Vorgehen
Die Stadt Stuttgart kündigte Gespräche an und will Konsequenzen ziehen. Weil die Anmelder versichert hätten, die Beschränkungen einzuhalten, habe die Stadt jetzt die Handhabe, Veranstaltungen derselben Anmelder zu verbieten, sagte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) im SWR. Man könne aber nicht alle "Querdenken"-Demonstrationen pauschal verbieten. Nopper kündigte im Laufe der Woche Gespräche mit der Polizei und dem Land an. Der CDU-Politiker kritisierte, dass es laut Landesverordnung eine Höchstteilnehmerzahl für Gottesdienste gebe, nicht aber für Versammlungen.
Im Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" verteidigte Nopper am Dienstag die Entscheidung, die Demo zu genehmigen. "Die Stadt hätte die Versammlung nicht verbieten dürfen. Es gab vor der Versammlung auf der Grundlage der Anmeldungen überhaupt keinen rechtlich begründbaren Ansatz, ein Versammlungsverbot auszusprechen", sagte er. Die gegenteilige Rechtsauffassung des Sozialministeriums sei nicht nachvollziehbar. "Das Ministerium hätte uns im Übrigen ja anweisen können, die Demo zu verbieten. Das ist nicht erfolgt. Sie hätten auf den Infektionsschutz verweisen können", so Nopper weiter. Die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut. Darüber könne man sich nicht einfach hinwegsetzen.