Vorschläge aus Baden-Württemberg

Statt möglicher neuer Milliarden-Schulden: Wo könnte sonst Geld herkommen?

Stand

Von Autor/in Markus Pfalzgraf

Der Bundestag hat der Grundgesetzänderung für milliardenschwere Schulden zugestimmt. Aus BW gibt es aber auch andere Vorschläge, wie investiert und wo gespart werden könnte.

Sind neue Schulden die Lösung für den Sanierungsstau und die Sicherheit in Deutschland? Oder gibt es auch andere Möglichkeiten, zu investieren - und müsste nicht viel mehr gespart werden? Dazu gibt es Vorschläge aus Baden-Württemberg.

Nach der Kehrtwende der Union und dem Kompromiss mit SPD und Grünen hat der Bundestag in seiner bisherigen Zusammensetzung die Grundgesetzänderungen - also die Möglichkeit für neue Schulden in Milliardenhöhe - beschlossen.

SWR-Berlin-Korrespondentin Katharina Kühn über die Debatte und die Abstimmung im Bundestag:

Baden-Württemberg könnte im Bundesrat zustimmen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte in Aussicht, dass seine Landesregierung am Freitag dem Finanzpaket im Bundesrat zustimmen könnte. Das Kabinett habe in seiner Sitzung am Dienstag keinen förmlichen Beschluss gefasst, sondern "freie Hand" vereinbart, sagte der Ministerpräsident im Anschluss vor Journalisten. Auch im Bundesrat ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, damit die Grundgesetzänderungen in Kraft treten können.

Dabei stellte Kretschmann klar, dass das Vorhaben kein Schuldenpaket sei. Denn: "Wir werden den Rahmen erweitern, mehr Schulden zu machen - wir beschließen keine neuen Schulden", so Kretschmann. Ob die Möglichkeit dann auch genutzt werde, liege im Ermessen des Bundestages und der Landesparlamente, betonte er auch im Interview mit dem SWR. Ein Scheitern der Regelung wäre schlimm für die Verteidigungsfähigkeit Europas: "Politisch gesehen wäre das fatal", sagte der Ministerpräsident.

Kretschmann: "Alle müssen Opfer bringen"

Zur Frage, wie die Milliarden-Investitionen finanziert werden sollen, sagte Kretschmann im SWR: "Das ist erstmal nicht unsere Aufgabe." Es sei die Aufgabe des neuen Bundeskanzlers und seiner Koalition zu entscheiden, wie das gegenfinanziert werden soll. "Wir werden darauf reagieren." Baden-Württemberg habe seinen Doppelhaushalt ohne Schulden aufgestellt.

Er betonte aber auch, dass alle Opfer bringen müssten. "Wir können jetzt nicht haltlos Schulden machen und das alles unseren Nachkommen aufbürden." Da sei vieles im Gespräch, so der Ministerpräsident, "auch, dass wir mehr arbeiten müssen". In welcher Form, durch den Verzicht auf Urlaubstage oder Feiertage, müsse man dann entscheiden.

BW-Finanzminister: Soli in Einkommenssteuer integrieren?

Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) hat im Gespräch mit dem SWR noch eine andere Idee ins Gespräch gebracht: "Ich könnte mir persönlich zum Beispiel vorstellen, dass man den Soli, der nur noch von den oberen zehn Prozent der Spitzeneinkommen getragen wird, weiter beibehält und sogar in die Einkommenssteuer integriert." So könnten die Steuereinnahmen umgewidmet werden - in Verteidigung und Infrastruktur etwa.

BW-Landkreistag schlägt Pkw-Maut vor

Wie die nötigen Mittel auch ohne neue Schulden generiert werden könnten, dazu gibt schon Vorschläge, etwa aus den Kommunen: Die Landkreise in Baden-Württemberg schlagen eine Pkw-Maut auf Autobahnen vor, wo bislang nur eine Mautregelung für Lkw gilt. Der Präsident des Landkreistages, Joachim Walter (CDU), hält eine Lösung nach Vorbild der Schweiz für "einfach und unbürokratisch" umsetzbar. Er denkt an einen "moderaten Preis von 100 Euro für eine Jahresvignette." In der viel kleineren Schweiz liege der Preis derzeit bei 44 Euro. Das deutsche Autobahnnetz sei viel größer, dementsprechend höher könne der Preis sein, argumentiert der Landkreistag.

Unternehmerverband: Keine abschlagsfreie Rente mit 63

Der Verband "Unternehmer Baden-Württemberg" (UBW) fordert eine "konsequente Reform der Sozialversicherungssysteme", etwa bei der Rente. "Wir müssen die Sozialversicherungsbeiträge dauerhaft unter 40 Prozent bekommen, um Arbeit wieder attraktiver zu machen", erklärte der UBW-Hauptgeschäftsführer Oliver Barta.

Der Interessenverband von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden fordert außerdem, die abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren für langjährig Versicherte abzuschaffen. Der Verzicht auf Anreize zur Frührente könnte genutzt werden, um Milliarden an Bundeszuschüssen für die Rentenkassen zu sparen. Außerdem würden Fachkräfte so länger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und damit gebe es auch mehr Einnahmen bei Steuern und Beiträgen.

Gewerkschaft: Steuern und Vermögensverteilung

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert dagegen schon länger, eine Vermögensteuer einzuführen. Damit könnten große Vermögen ab einer Million Euro belastet und zugleich ein Großteil der Steuerzahlenden mit weniger Vermögen entlastet werden.

Letztlich wäre das ein Umdenken von der Leistungsfähigkeit hin zur Vermögensverteilung als Grundlage zumindest dieser Steuerart. Laut DGB könnten so 28 Milliarden Euro pro Jahr freigesetzt werden. Außerdem schlägt der Gewerkschaftsbund eine Erbschafts- und Schenkungssteuer auf Betriebsvermögen vor. Auch eine Finanztransaktionssteuer sei überfällig, heißt es im DGB-Steuerkonzept.

So reagieren Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg auf das Schuldenpaket:

FDP-Landtagsfraktion will wegen Grundgesetzänderung klagen

Die jetzt im Bundestag beschlossene Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse muss neben der Hürde Bundesrat möglicherweise noch eine weitere nehmen. Denn es gibt auch Widerstand aus der FDP: Die Landtagsfraktionen von Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Bremen wollen in ihren jeweiligen Bundesländern vor den Verfassungsgerichten dagegen klagen, dass ohne Beteiligung der Landesparlamente die Schuldenbremse per Grundgesetzänderung aufgeweicht werde. Der Verfassungsgerichtshof in Münster teilte am Dienstagabend mit, dass ein entsprechender Antrag der nordrhein-westfälischen FDP-Landtagsfraktion eingegangen sei.

Ob das Vorgehen der vier FDP-Landtagsfraktionen erfolgversprechend sein kann, ist noch unklar. Der Staatsrechtler Till Valentin Meickmann von der Universität Passau hält den "Durchgriff auf die Landesverfassungen" für "bemerkenswert", aber nicht für verfassungswidrig. Auf X, ehemals Twitter, verweist er auf den Vorrang des Bundes- vor dem Landesrecht und auf die Tatsache, dass andere Landesrechte in Kraft bleiben, wenn sie den Grundrechten im Grundgesetz entsprechen.

Im Bundesrat sind die Landesregierungen vertreten - nicht die Landesparlamente, die auch die von ihnen gewählten Regierungen nicht anweisen können, in einer bestimmten Weise abzustimmen.

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